Wartburg

Nachruf zur Schließung des Automobilwerkes Eisenach
 
 
Automobil
In memoriam Wartburg

Eine der ältesten deutschen Automobilfirmen
mußte die Produktion einstellen


Neben Daimler-Benz und Opel gehör-
te bislang das Automobilwerk Eisen-
ach zum erlauchten Kreis deutscher
Hersteller, die schon vor der Jahr-
hundertwende mit dem Bau von Autos
begonnen hatten. Am 31. Januar
1991 endete die Wartburg-Produktion.
 
Nach Daimler, Benz, Dürkopp und Opel
wagte sich das Thüringer Fahrzeugwerk
1898 als fünfte Firma in Deutschland an
den Automobilbau. Nach der kurzzeitigen
Lizenzfertigung des französischen Decau-
ville Voiturette unter dem Markennamen
Wartburg verließen von 1904 bis 1929 Dixi-
Automobile die Eisenacher Fabrik.
Den entscheidenden Durchbruch markierte
1928 eine weitere Lizenzübernahme - die
des Austin Seven, übrigens weiterhin unter
dem Namen Dixi. Weil die finanziellen Nö-
te dennoch überhandnahmen, lief die Ferti-
gung künftig unter dem Propeller-Label
der Bayerischen Motorenwerke und mit
entsprechend kräftiger Anschubfinanzie-
rung. Gleichzeitig war dies der Einstieg von
BMW in die Automobilfertigung!
Mit Kleinwagen begann es, dann folgten
die Sechszylindermodelle der legendären
Dreier-Typenreihe. Bis zum Kriegsende
verließen so epochemachende Automobile
wie der BMW 326 und der Roadster 328 das
Werk am Fuße der Wartburg.
Jener Teil Thüringens hatte das Pech, noch
1945 von den Amerikanern gegen einen
Sektor Berlins eingetauscht zu werden. Un-
ter russischer Fuchtel wurden nun das Mo-
torrad BMW R 35 sowie die Automobilty-
pen 321 und 327 zusammengeschraubt.
Vom früheren 326 abgeleitet wurde ab 1949
der EMW 340 (EMW für Eisenacher Moto-
renwerke) gefertigt - drei Jahre bevor die
Münchner mit ihrem ersten Nachkriegsmo-
dell, dem 501, herauskamen.
Technische Ruhmestaten konnten die Ei-
senacher nie mehr verbuchen: Aufgrund
staatlicher Weisungen mußte ab 1953
eine alte DKW-Entwicklung mit Zweitaktmotor
produziert werden, der wenig später der
Dauerbrenner namens Wartburg folgte.
Äußerlich kaum verändert, blieb er bis Mit-
te der sechziger Jahre im Programm, bevor
er vom Modell 353 abgelöst wurde. Weiter-
hin vom längst nicht mehr aktuellen Drei-
zylinderzweitakter, den man mittlerweile
auf 50 PS gebracht hatte, und ab 1988 vom
viertaktenden VW-Polo-Motor angetrie-

Wartburg 1.3

Mit dem Wartburg 1.3 endete am 31.
Januar 1991 die Eigenproduktion.
Den Viertaktmotor erhielt das Auto
erst 1988.

Dixi DA 1

In großen Stückzahlen wurde der Dixi
DA 1 gefertigt, der dann bis 1932 als
BMW-Kleinwagen im Programm blieb.


BMW 328 Sport-Roadster

Genau 464 Exemplare des beliebten
Sport-Roadstern 328 verließen das
Thüringer Werk.
 

Wartburg-Motorwagen

Die vormalige Fahrradfabrik baute ab
1898 den vom Decauville Voiturette ab-
stammenden "Wartburg-Motorwagen".

313 Sport Roadster Den unbestritten schönsten
Wartburg brachten die Ei-
senacher 1958 mit dem Typ
313 heraus. Mittels einer
Doppelvergaseranlage kam
der 900-ccm-Dreizylinder-
zweitakter auf 50 PS.
ben, war dieses Auto bis zur Fertigungsein-
stellung das einzige Wartburg-Produkt.
Die politische Wende schob auch den ein-
stigen Traum ungezählter DDR-Bürger auf
den Schrottplatz der Geschichte. Mit der
harten Währung konnten bessere Autos er
worben werden - und dies ohne lange
Wartezeiten, ohne Schmiergelder und un-
begründete Aufpreise. Opel hatte 1989 das
Automobilwerk Eisenach übernommen,
um hier künftig den Vectra zu bauen. Noch
1991 sollten weitere 15.000 Viertakt-Wart-
burg produziert und billigst vor allem nach
Osteuropa verkauft werden. Und dies, ob-
wohl jedes Auto schon in der Herstellung
völlig unakzeptable 14.400 Mark kostete!
Die Ostberliner Treuhänder zogen die Not-
bremse und verwarfen alle Sanierungskon-
zepte. Nach fast zwei Millionen Wartburg
aller Baureihen vom 311 bis zum 1.3 war
dies der Abgesang für einen der ältesten
Automobilhersteller Deutschlands.

ebus

MARKT 3/91


 
 
 
Bericht aus Oldtimer Markt 3/1991  
 
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