Verjüngungs-Kur

Der Wartburg ist in die Jahre gekommen.
Spoiler, Leichtmetallräder und Recaro-Sitze - Extras,
die es bisher nur
beim Tuner gab -
sollen den Absatz
des Autos nun
wieder ankurbeln

Die automobilen Errun-
genschaften des real
nicht mehr existierenden
Sozialismus will - wie es
scheint - keiner mehr haben. So
wächst und wächst in Eisenach
die Halde unverkäuflicher
Wartburg 1,3 - trotz des 58 PS
starken, wassergekühlten Vier-
zylinder-Viertaktmotors aus
dem Hause VW, der seit etwa
eineinhalb Jahren den Wart-
burg antreibt. Den Bürgern der
DDR steht nach vierzig Jahren
automobiler Magerkost der
Sinn nach Fahrzeugen - neuen
wie gebrauchten - aus westli-
cher Produktion.
Doch - welch eine unverhoffte
Überraschung - gerade aus
Richtung Westen, aus Rems-
halden bei Stuttgart, kommt
unerwartete Aufwertung für
den Wartburg. Günther Irm-
scher, einer der Großen in der
bundesdeutschen Tuning-
Branche, stellt fest: "Der Wart-
burg 1,3 ist doch gar kein
schlechtes Auto: Kompakt,
leidlich modern motorisiert,
viertürig und recht stabil zu-
sammengebaut. Anders ist es
nicht denkbar, daß diese Fahr-
zeuge zehn und mehr Jahre
klaglos die üblen Straßen ihres
Heimatlandes aushalten."
Nur der rechte Pfiff fehlte dem
Viertürer - bisher. In nur drei-
einhalb Monaten entwarf Gün-
ther Irmscher den i-Wartburg
New Line. Ein ansehnliches
Automobil, das in den Berei-
chen Karosserie, Fahrwerk und
Innenraum erheblich aufge-
wertet worden ist.
Am auffälligsten sind natürlich
die optischen Veränderungen.
Sie springen einem förmlich ins



Auge. So erhielt der Wartburg
vorn eine Spoilerstoßstange
und hinten eine Heckschürze.
Beide verfügen über einen inte-
grierten Stoßfänger.
An dem hier vorgestellten Pro-
totypen sind diese Teile noch
aus Glasfaserverstärktem
Kunststoff (GFK) gefertigt. Für
die spätere Serienproduktion
ist hochwertiges PUR-RIM -
ein bruch- und stoßfester, aber
dennoch elastischer, verform-
barer Kunststoff - vorgesehen.
Aus diesem Material ist auch
der Heckflügel gefertigt, der auf
der Kofferklappe montiert ist
und dessen seitliche Enden bis
an die C-Säule reichen.
Im Gegensatz zu dem in Wa-
genfarbe lackierten Heckflügel
sind die Front- und Heckan-
bauten farblich abgesetzt.
Durch eine entsprechende Lak-
kierung der Seitenteile werden
die Partien miteinander optisch
verbunden. Mehr noch: Da-
durch wirkt das Auto nicht
mehr so bieder und einfalls-
los, sondern wesentlich sport-


Aus Der Illustrierte Motorsport 9/1990





sen 6 x 14 Zoll und sind mit
Pneus der Größe 185/60 HR
14 bestückt.
Auch der Innenraum wurde
veredelt. So nimmt man nun-
mehr vorn auf Recaro-Sportsit-
zen Platz, die einen hervorra-
genden Seitenhalt gewähren.
Die Bezüge der Recaros sowie
der Fondsitze und der Türin-
nenseiten erhielten ein moder-
nes Design: rote Streifen auf
schwarzem Grund. Damit die
Passagiere sich im Wagen rich-
tig behaglich fühlen, wurde der
gesamte Boden mit wohnlichen
Teppichen ausgelegt. Und
schließlich spendierte Irmscher
dem 1,3er ein Vierspeichen-Le-
derlenkrad. Damit hat der Fah-
rer den Fronttriebler stets fest
im Griff.
Bislang wurden noch keine
Modifikationen am Motor, an
der Kraftübertragung und an
der Bremsanlage vorgenom-
men - bis auf einen anderen
Nachschalldämpfer mit einem
ovalen Auspuffrohr. In gar
nicht allzu ferner Zeit soll der
Wartburg aber mit einem
Opel-Triebwerk geliefert wer-
den. Eine nur logische Ent-
wicklung, nachdem das Rüs-
selsheimer Werk sich in Eisen-
ach engagiert hat. Und sobald
ein Opel-Aggregat unter der
Motorhaube arbeitet, wird
Opel Haus-Tuner Irmscher
auch sicher leistungssteigernde
Maßnahmen für den Wartburg
anbieten.
Das ist aber noch Zukunftsmu-
sik. Beschlossene Sache jedoch
ist, daß der Wartburg New Line
mit eben diesem von Irmscher
entwickelten Paket alsbald in
Serie gehen wird. Dadurch soll
der Wartburg - so hoffen die
Automobilwerke Eisenach - in
der Gunst der Käufer wieder
steigen. Das hoffen auch die
Arbeiter und Angestellten in
Eisenach. Denn im Moment
droht rund 3000 der insgesamt
9000 Mitarbeiter Arbeitslosig-
keit. Um die Arbeitsplätze zu
sichern und Beschäftigung zu
garantieren, wurde auch der
Verkaufspreis für den neuen
Wartburg knallhart kalkuliert.
Er wird deutlich unter 17 000
DM liegen. Das ist wahrlich ein
interessantes Angebot.
 

Wofgang Rempath/mako

licher und jünger als bislang.
Verstärkt wird dieser Eindruck
noch durch eine Tieferlegung
der Karosserie um 25 Millime-
ter. Dazu werden entsprechend
kürzere Schraubenfedern mit
einer speziellen, strafferen
Kennung eingebaut. Sie sorgen
auch für ein sportlicheres, aber
immer noch komfortables
Fahrverhalten.
Selbstverständlich gehören
Leichtmetallräder und Breitrei-
fen zum Irmscher New Line-
Paket. Die "Silberlinge" im
klassischen Stern-Design mes-

Aus Der Illustrierte Motorsport 9/1990

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