Wartburg im Schnee


Erfahrungen

mit dem Wartburg 1000

Diagnose:
Zustand gut und doch nicht gesund

Von Wolfgang Uhlemann
und Walter Großpietsch

ihr neues Auto in Eisenach abholten und wenig
später ratlos auf der Autobahn standen, weil
die Unterbrecher bereits auf dem Nachhause-
weg ihren Geist aufgaben. Versuche mit Molyb-
dändisulfid (Mo S2) als Schmierung des Nok-
kens konnten die Laufzeit des Unterbrechers
zwar etwas erhöhen, aber eine Laufzeit von
insgesamt 3000 bis 4000 km ist angesichts des
internationalen Standes von 10000 km Lauf-
zeit bei weitem nicht ausreichend.

Der VEB FEK Karl-Marx-Stadt, der nun seit
geraumer Zeit anstatt der Fiber-Klötzchen sol-
che aus Miramid herstellt, kann zwar auf eine
damit verbundene Selbstkostensenkung hin-
weisen, die aber durch die hohen Kosten in-
folge des rasanten Verschleißes wieder auf-
gehoben wird. Die mangelhafte Qualität dieser
Erzeugnisse war auch Anlaß, daß seit dem
30. Oktober 1962 vom DAMW das Gütezeichen
dafür entzogen wurde.
Lichtmaschine und Regler erwiesen sich als
funktionssicher und den Anforderungen ge-
wachsen. Weniger schön bei der elektrischen
Anlage ist aber, daß man nach einiger Fahr-
zeit eines Morgens - meist dann, wenn man
es besonders eilig hat - vergebens den Zünd-
anlaßschalter betätigt. Der Sündenbock ist das
Anlasserkabel, dessen Kabelschuh nur auf-
gepreßt wird. Durch Oxydation an der Verbin-
dungsstelle erhöht sich der Übergangswider-
stand, bis der Anlasser schließlich den Motor
nur noch so langsam und zögernd durchdreht
und ein Anspringen nicht mehr möglich ist. Der
Kabelhersteller sollte sich endlich Gedanken
machen, um dem Übelstand abzuhelfen.

Die Startfreudigkeit des Motors ist ebenso wie
beim früheren Modell 311 lobenswert. Wesent-
lichen Anteil daran und an der Leistung des
Motors hat der bewährte BVF-Vergaser H 362,
den man mit als eines der funktionssichersten
Aggregate am Fahrzeug bezeichnen kann.
Einem Schönheitsfehler, der sich bei Geschwin-
digkeiten über 115 km h mit dem Überlaufen
des Kraftstoffs aus dem Schwimmergehäuse be-
merkbar macht, ist ohne weiteres mit abgefe-
derten Schwimmernadelventilen abzuhelfen.
Und wie man hört sollen diese im BVF auch
schon in Vorbereitung sein. Es ist sogar noch
von weiteren Verbesserungen die Rede, so zum
Beispiel die Änderung der Leerlauf-Luftregu-
lierung in eine Leerlauf-Gemischregulierung.
Damit läßt sich der Vergaser wesentlich
schneller und exakter einstellen.

Im Zusammenhang mit dem Vergaser gleich
noch einen Tip für all diejenigen, die sich eben-
so wie wir über ein ständig schmutziges Abdeck-
Der Wartburg, Modell 312, vereinigt die posi-
tiven Merkmale eines robusten Fahrzeuges mit
denen eines sportlich zu fahrenden Wagens.
Mit der reichhaltigen Ausstattung und der
Geräumigkeit im Fahrzeuginnern, das für fünf
Personen zugelassen ist, ragt der Wartburg
bereits in die 1,5-Liter-Klasse, obwohl er in den
Unterhaltskosten um einiges billiger ist. All die
positiven Merkmale des Wartburg die ihm im
In- und Ausland viele Freunde gewannen, sind
bereits in zahlreichen Tests hervorgehoben
worden, so daß wir sie nicht nochmals wieder-
holen wollen. Im Mittelpunkt unserer Einschät-
zung, die sich aus den Erfahrungen mit drei
Fahrzeugen des 1000-cm³-Wartburg 312 zu-
sammensetzt, wollen wir uns deshalb beson-
ders mit den Mängeln befassen, die den
guten Eindruck des Wartburg beeinträchtigen
und bei Gesprächen unter Kraftfahrern oft
seine unbestreitbaren Vorzüge mindern.

Zu Ehren des VI. Parteitages der SED haben
sich die Automobilbauer in Eisenach vor-
genommen, für den Wartburg das Gütezeichen
"Q" zu erringen. Ihr guter Wille allein nutzt
nichts, denn in Eisenach können sich die Arbei-
ter und Konstrukteure noch so sehr anstren-
gen und trotzdem kein "Q" liefern, wenn nicht
die Zulieferindustrie Produkte mit dem Güte-
zeichen "Q" liefert. Soweit es am Eisenacher
Werk selbst liegt, so ist man dort auf dem
besten Wege, das Ziel nach höchster Qualität
zu erreichen.
TRIEBWERK

Mit dem Einbau des 1000-cm³-Motors erhielt
der Wartburg eine der bisher bedeutendsten
Verbesserungen. War der Motor des bisherigen
Modells 311 (900 cm³) schon wegen seiner bei-
nahe sprichwörtlichen Anspruchslosigkeit be-
kannt, so gebührt die gleiche Anerkennung
auch dem neuen 1000-cm³-Motor. Bewußt
wurde bei Auslegung des neuen Motors weni-
ger auf Höchstgeschwindigkeit Wert gelegt als
vielmehr auf eine maximale Sicherheit, das
heißt auf ein gutes Beschleunigungsvermögen.

Der Gewinn einer solchen Motorcharakteristik
ist nicht nur eine wesentlich höhere Lebens-
dauer gegenüber seinem Vorgänger, sondern
der Motor verträgt auch eine übermäßige
Schinderei, ohne diese übelzunehmen. Richtig in
seinem Element ist der Motor allerdings erst
bei Geschwindigkeiten von etwa 70 km/h im
vierten Gang an aufwärts. Leider treten bei
bestimmten Drehzahlen relativ starke Schwin-
gungen auf. Am besten merkt man dies, wenn
man sich bei etwa 105 km/h einmal im Rück-
spiegel zu betrachten versucht; abgesehen von
all den losen Schrauben, die nach kurzer Fahr-
zeit an allen möglichen und unmöglichen
Stellen des Fahrzeugs zu finden sind.

Bei scharfer Fahrweise hält die Zündeinstel-
ung nicht länger als 2000 bis 2500 km. Zünd-
aussetzer und Motorstottern signalisieren dann,
daß am Unterbrecher einiges in Unordnung
geraten ist. Es soll sogar Fahrer geben, die
 
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blech unter dem Vergaser ärgern. Ursache da-
für ist eine Bohrung an der Unterseite des Ver-
gasers am Leerlaufkanal. Diese Bohrung
diente einst beim P 70 (Fallbenzin) dazu, daß
bei undichter Schwimmernadel ein Vollaufen
des Kurbelgehäuses vermieden wurde. Beim
Wartburg ist diese Bohrung überflüssig und
kann mit einem Kupfer- oder Messingniet ge-
schlossen werden.

Vom Wartburg älterer Baujahre ist uns noch
das unliebsame Ansauggeräusch in Erinnerung.
Dem ist man nun mit einem neuen Ansaug-
geräuschdämpfer erfolgreich zu Leibe gerückt.
Dieser Ansaugtopf zeichnet nicht nur für den
verminderten Ansauggeräuschpegel verant-
wortlich, sondern auch für die wesentlich bes-
seren Übergänge in allen Fahrbereichen.

Der Auspuff besitzt in seiner jetzigen Verfas-
sung eine Lebensdauer zwischen 10000 und
15 000 km. Als erstes haucht allgemein der Vor-
schalldämpfer sein Leben aus. Kluge Leute
beugen dem insofern vor, daß sie die Nähte
nachschweißen und Verstärkungen an der Auf-
hängung anbringen. Die zu schwache Aufhän-
gung trägt schließlich mit zu dem Übel des
vorzeitigen Reißens bei, abgesehen von der
nicht ausreichenden Geräuschdämpfung. Dem
Werk war dieser Mangel ebenfalls bekannt,
und man hat deshalb am 1963er Modell eine
neue elastische Aufhängung für Motor, Ge-
triebe und Auspuff eingeführt, die das vor-
zeitige Reißen einschränkt und auch die lästi-
gen Schwingungen vermindert.

Das Leistungsvermögen, der Kraftstoffver-
brauch und die Lebensdauer des Motors wer-
den nicht wenig von einer konstanten Betriebs-
temperatur beeinflußt. Deshalb bekam der
1000er "Wartburg" in Verbindung mit der
neuen Heizung einen Thermostat in den Kühl-
wasserkreislauf, von Kraftfahrern allgemein als
"Nürnberger Ei" bezeichnet. Die Taufpaten
dieser sinnvollen Bezeichnung mögen dabei
weniger an die eiförmige Gestaltung gedacht,
sondern vielmehr einen Vergleich mit der vor
450 Jahren von Henlein fabrizierten ersten
Taschenuhr angestellt haben, die gut war, so-
lange sie ging. Beim Thermostat ist das ge-
nauso. Wir verbrauchten immerhin vier Thermo-
staten bei den drei Fahrzeugen während einer
Fahrstrecke von 10000 km. In punkto Funk-
tionssicherheit muß also noch einiges vom VEB
Meßgerätewerk Quedlinburg getan werden.

Wie wäre es in dieser Hinsicht gleich mit einer
Optimallösung? Anstatt des vielen Messing-
blechs, das zu dem "Nürnberger Ei" zusam-
mengefügt wurde, könnte der Thermostat ohne
viel Aufwand in den Wasser-Austrittsstutzen
eingebaut werden. Man würde dann sogar
noch zusätzlich Material (Schellenbänder und
Schlauch) einsparen.

Die Kraftübertragungselemente haben sich
bereits im früheren Modell bewährt und
arbeiten zuverlässig. Besonders zu erwähnen
ist hierbei das synchronisierte Wechselgetriebe,
bei dem im Modell 1963 ein auf der Antriebs-
seite verstärktes Getriebegehäuse eingeführt
wurde, das zur Verlängerung der Lebensdauer
und Funktionssicherheit beiträgt.

Die Funktion der Kupplung sowie ihre Lebens-
dauer ist zufriedenstellend. Da jedoch die
Technik nicht stehenbleibt, sollte man sich in
Eisenach auch über eine automatische Kupp-
lung Gedanken machen, denn diese wird in
nicht allzulanger Zeit zum allgemeinen Stan-
dard eines PKW der mittleren und kleinen
Klasse gehören.

FAHRGESTELL
Geblieben ist der bewährte Kastenprofilrah-
men, der infolge seines niedrigen Schwer-
punktes mit zur guten Straßenlage des Fahr-
zeuges beiträgt. Die gleichfalls althergebrach-
ten Blattfedern sind zwar gegenüber dem
früheren "Wartburg" infolge veränderter Lagen-
zahl im Federpaket und veränderter Blatt-
federstärke weicher ausgelegt, doch entspre-
chend der Motorleistung, die auf die Straße
gebracht werden soll, merkt man deutlich, daß
hier eine bestimmte Grenze erreicht ist.

Kleinere Fahrbahnunebenheiten schlucken die
Blattfedern anstandslos. Bei vollbesetztem
Wagen nehmen sie es auch mit jeder normalen
Schlaglochserie auf. Aber das gute Feder-
vermögen ist abhängig von der Belastung.
Bleibt der Wagen nur mit einer Person besetzt,
so ist es auf "unebenen" Straßen von Vorteil,
wenn man entweder die Geschwindigkeit auf
etwa 70 km/h vermindert oder auf genügend
seitlichen Spielraum zwischen Fahrzeug und
Straßenrändern achtet (je noch Temperament
des Fahrers).

Obwohl an der konstruktiven Auslegung dieser
Federung kaum noch etwas verbessert werden
dürfte, sind noch nicht alle Möglichkeiten zur
Verbesserung der Straßenlage ausgeschöpft.
So ist durch eine günstigere Abstimmung der
Stoßdämpfer mit der Federung noch einiges zu
erreichen. Abgesehen von der mangelhaften
Abstimmung sind auch die Standzeiten der
Stoßdämpfer noch zu gering. An unseren drei
Fahrzeugen verbrauchten wir drei Stoßdämpfer
innerhalb 10000 km. Man sollte darum im VEB

Motorraum

Hinter dem Kühlerverschluß ist der Wasser-
behälter für die Scheibenwaschanlage an-
gebracht. Links neben dem Motor ist der zusätz-
liche Ansauggeräuschdämpfer zu sehen, der
wesentlichen Anteil an den besseren Über-
gängen beim Gasgeben hat.

Stoßdämpferwerk Hartha vor allem an einer
Verlängerung der Lebensdauer arbeiten.

Wer eine sportliche Fahrweise liebt, wird die
direkte Lenkung am "Wartburg" zu schätzen
wissen. Fahrbahnstöße, die nach gewisser
Laufzeit an der Lenkung zu spüren sind, bie-
ten zwar dem Fahrer einen besonders guten
Kontakt zur Straße, sind jedoch weitgehend
zu vermeiden, wenn auf eine sorgfältige und
regelmäßige Abschmierung der Schwenklager
geachtet wird. Bei den vorgeschriebenen
Garantiedurchsichten war das leider nicht
immer der Fall, wie auch insgesamt diese
Durchsichten von verschiedenen Vertragswerk-
stätten (u. a. VEB ARW Pankow) nicht gerade
mit besonderer Aufmerksamkeit bedacht wur-
den.

Bemerkenswert zur Abschmierung der Achs-
gelenke ist übrigens, daß das vorgeschriebene
Getriebefett 10 GFA DIN 6564 bei höheren
Geschwindigkeiten und höheren Temperaturen
herausgeschleudert wird. Viele Kraftfahrer ver-
wenden deshalb anstatt des Getriebefettes
Wälzlagerfette, wie es in der Betriebsanleitung
für den Trabant vorgeschrieben ist. Beide
Werke sollten sich über die in der Betriebs-
anleitung angegebene Fettsorte einigen, wel-
che nun die geeignetste ist und welche auch
die Verlängerung der Abschmierintervalle
gewährleistet.

Mit der Einführung des 1000er Modells ist be-
kanntlich die Zentralschmierung am "Wartburg"
weggefallen. Damit sollte man sich jedoch in
Eisenach nicht zufrieden geben. Es ist immer-
hin noch eine Anzahl von Schmierstellen vor-
handen, die bestimmt weiter reduziert werden
könnte. Es gibt schon Autos, die gar keine
Schmiernippel mehr haben. Auf jeden Fall aber
ist mit MoS2 ein gutes Schmiermittel vorhan-
den, mit dem man ohne weiteres die War-
tungsintervalle verlängern könnte.

Die hydraulische Bremsanlage mit der Brems-
fläche von 920 cm² wird allen normalen An-
forderungen im Fahrbetrieb gerecht. Allerdings
muß man sich erst an gewisse Eigenheiten der
Bremse gewöhnen, so zum Beispiel an die stark
hygroskopischen Bremsbeläge. Leider denkt
man nicht immer daran. Und wenn der Wagen

Rüeckleuchten

Die Signale der neuen Heckleuchten sind
wesentlich besser erkennbar. Anstatt des bis-
herigen Rückfahrscheinwerfers leuchten beim
Einschalten des Rückwärtsganges die Brems-
lichter. Ihr orangefarbenes Licht reicht zum
Rückwärtsfahren völlig aus.

ein paar Tage gestanden hat oder nach der
Wagenwäsche - bei feuchten Bremsbelägen -
riskiert man beim ersten Bremsversuch, mit
dem Kopf die Standfestigkeit der Windschutz-
scheibe auszuprobieren. Manchen Kraftfahrern
ersetzt diese Eigenheit den "Wetterfrosch". Je
nach Intensität der bewußten Kopfbewegung
während des ersten Bremsens schätzen sie die
Luftfeuchtigkeit und damit die Wetteraus-
sichten.

Eine andere Eigenart ist das Quietschen der
Bremsen, was auch keine Vertragswerkstatt
beseitigen kann. Dieses Quietschen tritt jedoch
nicht allein beim "Wartburg" auf, sondern bei
den meisten modernen Wagen mit hoher
Bremsverzögerung. Das sollte jedoch kein Ent-
schuldigungsgrund für die drei Werke - VEB
Bremsenwerk Limbach-Oberfrohna, VEB Cosid
Coswig und VEB AWE Eisenach - sein, keine
gemeinsamen Bemühungen zur Behebung die-
ses Übels zu unternehmen. Das trifft ebenfalls
auf das Fading zu.
 
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Cockpip


AUSSTATTUNG
Der "Wartburg" braucht weder in seiner Ver-
arbeitung noch mit seiner Ausstattung Ver-
gleiche mit anderen Fabrikaten zu scheuen.
Eine hohe Qualität liefern besonders die
Eisenacher Karosseriebauer. Im vergangenen
Herbst ging man außerdem dazu über, die
Fahrzeugunterseite mit einem Antidröhnmittel
zu spritzen. Es schützt gleichzeitig gegen Korro-
sion. Auch bei der Karosserie-Abdichtung ver-
steht man in Eisenach Maßarbeit zu leisten. Die
Gummiprofile werden jedoch nach relativ kur-
zer Zeit hart und bilden "undichte" Stellen. Das
sollte endlich einmal dem VEB Gummikombinat
Waltershausen zu denken geben.

Ebenso entsprechen die Schlösser nicht mehr
den Erfordernissen. Wenn man allerdings weiß,
daß neue Schlösser schon seit langem in Vor-
bereitung sind, und ihr Einbau bisher nur dar-
an gescheitert ist weil man sich zwischen den
Werken VEB DBM Döbeln und VEB AWE
Eisenach so schwer einigen kann, dann verwun-
dert das um so mehr.

Der angenehme äußere Eindruck, her-
vorgerufen durch die saubere Verarbeitung
und die ausgezeichnete Kunstharz-Lackierung,
wird jedoch beeinträchtigt, wenn der Blick auf
die vielfach oxydierten Radzierkappen und
-blenden fällt. Man sollte sich deshalb über-
legen, ob man nicht anstatt des nur polierten
Aluminiums ein anderes Verfahren (evtl.
Aluminium-Eloxierung) anwenden könnte oder
Blech verchromt.

Die Innenausstattung hat in den vergangenen
Jahren wesentliche Verbesserungen erfahren,
die den Fahrzeuginsassen viele Bequemlich-
keiten bieten. Wenn in diesem Zusammenhang
an die serienmäßigen Liegesitze bei der Limou-
sine "de Luxe" und beim Coupé erinnert wird,
so nur deshalb, weil sie wirklich in vielen
Situationen vorteilhaft sind. Demgegenüber
weniger erfreulich ist die vordere Sitzgestal-
tung, die den anatomischen Erfordernissen noch
nicht entspricht. Rückenschmerzen nach langen
Fahrstrecken bestätigen dies. Und es ist erfreu-
lich, daß nun der 1963er Wartburg bereits neu
geformte Sitze bekommen hat.

Auf die Armaturen ist wenig Verlaß. Manche
Tachometer (genauer der sogenannte "Ge-
schwindigkeitsmesser mit Wegzähler") geben
bereits nach wenigen Kilometern ihren Geist
auf, bei anderen wiederum kommt man sich
vor, als hätte man eine Secura-Registrierkasse
eingebaut. Der VEB Meßgerätewerk Beierfeld
zeichnet dafür verantwortlich. Das sogenannte
"Kombinationsinstrument mit Kühlwasserfern-
thermometer und Kraftstoffvorratsanzeige" ist
gleichfalls bei allen Fahrzeugen unterschiedlich.
Steigt man von einem Fahrzeug auf ein ande-
res über, erlebt man mit dem vermutlichen
Benzinvorrat schöne Überraschungen. Wahr-
scheinlich hat aber die VVB RGO und das
Herstellerwerk in Beierfeld selbst noch keiner-
lei solcher Überraschungen erlebt, denn sonst
wäre doch bestimmt schon etwas verändert worden.

Wenn wir die Innenausstattung des Wartburg
allgemein als gut bezeichneten, so bedeutet
das keineswegs, daß nun alles in Ordnung
wäre. Die viel diskutierte "innere Sicherheit"
läßt noch manches zu wünschen übrig. Wir
wünschen uns keinen Unfall, aber sollte trotz-
dem einmal etwas passieren, eine unan-
genehme Berührung, zum Beispiel mit dem
Armaturenbrett, wünschen wir uns nicht!
Die Sonnenblenden werden neuerdings gepolstert.

Um gleich bei der Sicherheit zu bleiben, auch
die elektrische Anlage trägt viel dazu bei. Seit-
dem die alten Fahrtrichtungsanzeiger nun be-
reits einige Jahre ad acta liegen, haben in-
zwischen die verschiedensten Blinkgebersysteme
das Licht der Welt erblickt. Es ist zwar inter-
essant, immer wieder mal etwas Neues ken-
nenzulernen, weitaus interessanter wäre es
doch, wenn ein Blinkgebersystem käme, das
funktionssicher ist.

Trotz dieser Kritik am Blinkgeber muß man
dem VEB FEK Ruhla bescheinigen, daß sich
seine Erzeugnisse in den letzten Jahren bedeu-
tend verbessert haben. Die Ruhlaer Schein-
werfer tragen das Gütezeichen "Q" - eines der
ersten in der Fahrzeugelektrik überhaupt -
verdient. Auch die neue Heckleuchte des Mo-
dells 1963 gibt eine ausgezeichnete Licht-
wirkung.

Die Scheibenwischer befriedigen ebenfalls. Un-
geachtet dessen sind jedoch dazu einige Über-
legungen angebracht. Wie wäre es, wenn der
Scheibenwischermotor eine Zweistufenschaltung
für Autobahn und Stadt bekommen würde?
Was in der Stadt zu schnell gewischt wird, das
ist auf der Autobahn zu langsam. Das Wisch-
bild allgemein ist zwar ausgezeichnet dennoch
könnten die Wischerblätter ohne weiteres eine
Verlängerung vertragen, abgesehen von der
noch unzureichenden Lebensdauer.

Ein anderes Problem ist die Hupe. Bei den
Geschwindigkeiten, die der "Wartburg" jetzt
zuläßt, scheint die Hupe kaum ausreichend zu
sein. Allerdings können Fahrer, die auf ein
gutes Signal Wert legen, sich zusätzlich eine
Fanfare aus dem FEK Ruhla kaufen. Diese
Fanfare hat sich bereits im Fahrbetrieb aus-
gezeichnet bewährt.

Die Sonnenblenden
sind beim Wartburg 1963
gepolstert.
Oberhalb der Heizungshebel
wurde der Druckknopf
zur Bedienung
der Scheibenwaschanlage
untergebracht.


Eine wirkungsvolle Verbesserung erhielt die
kombinierte Frischluft-Heizungsanlage, die für
eine ausreichende Erwärmung sorgt und ein-
fach zu handhaben ist. Für die Zukunft sollte
man dennoch beachten, daß bei hohen Ge-
schwindigkeiten und sehr niedrigen Außen-
temperaturen (etwa -10°C und darunter) der
Luftdurchsatz zu groß ist. Die Luft kann sich
daher nicht genügend erwärmen. Wünschens-
wert wäre deshalb der Einbau einer Drossel im
Frischluftkanal oder die Erhöhung des Tempe-
ratur-Richtwertes für den Thermostaten. Ein
weiterer Vorschlag wäre, bei einer späteren
Karosserie den Frischluft-Eintritt zu verlegen,
am besten hinter die Motorhaube unterhalb der
Windschutzscheibe. Mit der derzeitigen Anord-
nung links vorn bekommt man bei Kolonne-
Fahren während des Sommers die unangeneh-
men Auspuffgase des Vordermannes frei Haus
geliefert.

Auto-Radios sind heute kein Luxus mehr, son-
dern gehören bereits zur serienmäßigen Aus-
stattung verschiedener Pkw-Ausführungen, so
auch beim Wartburg de Luxe. Der jetzt ein-
gebaute Autosuper von VEB Sternradio Berlin
stellt jedoch in Leistung und Bedienungskom-
fort keinen Fortschritt zum seinerzeitigen Teil-
transistorgerät aus dem VEB Funkwerk Halle
dar. Ein besonderer Mangel ist auch die feh-
lende Drucktastenschaltung. Bei 100 km/h
einen Sender zu finden, ist nicht gerade leicht.

Kleinigkeiten runden das Bild des Fahrzeugs
ab. Benötigt man unterwegs auf "großer
Fahrt" einen Schlüssel oder dergleichen, dann
muß man erst das Gepäck aus dem Kofferraum
auspacken. Beim alten BMW war der Werk-
zeugsatz unter der Motorhaube angebracht.
Warum nicht beim Wartburg ? Fragen wir wei-
ter. Warum ist die wenig sinnvolle Anordnung
der Katzenaugen geblieben? Einfacher und
zweckmäßiger wäre es bestimmt gewesen,
diese in die neuen Stoßstangen einzubauen.

Auch das Zubehör läßt noch Wünsche offen.
Denken wir zum Beispiel an eine Ablage unter
dem Armaturenbrett oder an einen flexiblen
Handgriff am Armaturenbrett für den Bei-
fahrer. Das sind nur zwei Möglichkeiten. Es
gibt aber deren viele, die das Fahren erleich-
tern. Deshalb sollte man endlich einmal ein
wenig mehr Initiative in punkto Zubehör auf-
bringen. Zwischen der VVB EBM und der VVB
Automobilbau soll zwar seit längerem eine
Arbeitsgruppe Fahrkomfort existieren, aber von
konkreten Ergebnissen ihrer Tätigkeit ist bisher
noch nichts bekannt geworden.

Diese Einschätzung erhebt nicht den Anspruch
auf Vollständigkeit. Sicher wird manches von
anderen Fahrern anders beurteilt werden.
Unseren Erkenntnissen liegen die Erfahrungen
aus härtesten Erprobungen mit drei Fahr-
zeugen zugrunde. Und zu guter Letzt ging es
uns nicht nur darum, hier alles einmal schön
aufzuzählen, sondern wir erwarten, daß auch
besonders die angesprochenen Zulieferwerke
Stellung nehmen.
 
Aus Der Deutsche Straßenverkehr 3/1962  
 
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