TEST Wartburg 1000 Luxus

PLUSPUNKTE
Äußerst solider Bau, Kastenrahmen mit(mittragend)
aufgesetzter Karosserie, dickes Karosserieblech
Sehr gute Verarbeitung
Ausreifung durch lange Bauzeit mit wenig
Veränderungen
Viertürige Karosserie mit reichlich Fußfreiheit
Bequeme Sitze, Liegesitze serienmäßig
Vorteile großer Räder: Gute Eigenschaften auf be-
sonders schlechter Fahrbahn und im Winter beson-
ders gutes Anfahren auf glatter Steigung trotz
Frontantrieb (Frontantrieb = relativ geringe
Vorderradbelastung)
Kurbelfenster In hinteren Türen und zusätzliche
Ausstell-Seitenfenster hinten
Besonders kräftiges Ziehen des Motors in
niedrigen Drehzahlen
Geringe Motordrehzahlen im Verhältnis zur
Geschwindigkeit und zur Bergfreudigkeit
Sehr gutes und reichhaltiges Werkzeug
Für Leistungsklasse und Ausstattung
niedriger Preis
Für Selbstpfleger gute Voraussetzungen, gute
Zugänglichkeit, einfache Teile, Hilfe durch sym-
pathisierende DKW-Werkstätten auch werkzeug-
mäßig möglich
 
MINUSPUNKTE
Veraltete Karosserieform, Sichtbeeinträchtigung
durch dicke Fensterpfosten
Knapper Gepäckraum
Ausstattungseinzelheiten im Stil veraltet
(Fensterkurbeln, Griffe, Stoffe u. a.)
Sehr unangenehmer Geruch im Wageninneren
(verschwindet erst nach langer Betriebszeit
Trübe Armaturengläser, Skalen bei Beleuchtung
schlecht erkennbar
Türgriffe nicht praktisch
Schlösser unpräzise gefertigt
(oder konstruktiv schlecht angelegt?)
Zündungs- und Schaltungsschloß getrennt,
Schaltungsschloß schwierig einzurasten
Spiegelungen (Lenkrad und Armaturenbrett)
in der Windschutzscheibe
Lautes, auch nach außen als unkultiviert auffallen-
des Motorgeräusch im Leerlauf; Zweitaktgeräusch
in seiner ältesten, bei DKW längst überwundenen
Form
Motorgeräusch bei höheren Geschwindigkeiten
im Klang angenehmer, jedoch unerfreulich laut
Getriebeschaltung Rückschritt gegenüber früherer
Wartburg-Ausführung, Rastungen weniger präzise,
Schaltvorgang weniger leichtgängig
Motor-Temperament wenig über VW1200
Bei vollem Ausfahren hoher Verbrauch
Sehr harte Federung
Beim Gaswegnehmen in der Kurve schroffer Über-
gang von Untersteuern in Übersteuern (plötzliches
Hinausdrängen des Hecks), stark gewöhnungsbe-
dürftig, Unsicherheitsgefühl für Passagiere
Reifen auf hohe Laufdauer gezüchtet,
entsprechend verringerte Rutschfestigkeit
Schlechte Bremsen: Starkes Nachlassen der Brems-
wirkung bei Erhitzung (Fading) trotz großer Brems-
fläche - offenbar Material unter internationalem
Standard
Umständlicher Tankvorgang: Mischungs-
schmierung mit hierzulande ungewöhnlichem
Mischungsverhältnis 1:33 1/3
In Westdeutschland nur 65 Vertragswerkstätten,
davon nur wenige wirklich interessiert
Starker Wertverlust bei Wiederverkauf
Für den Preis, den der Wartburg
in der DDR kostet, bekommt man
bei uns einen Mercedes 220 SE.
Und wer den Preis von 14700.-
bis 16000.- DM (Ost) je nach ge-
wünschter Ausführung zusammen-
gebracht hat, kann seinen Wart-
burg doch nicht gleich bekom-
men. Die Wartezeiten betragen
zwei Jahre und mehr.

Dennoch wird aus der ostdeut-
schen Personenwagenproduktion,
die neben dem Wartburg noch
den kleinen Trabant 600/601 um-
faßt etwa ein Drittel exportiert.
Die Preise in Exportländern rich-
ten sich nach der Konkurrenz-
lage. In Westdeutschland ist der
Wartburg außerordentlich billig;
die Standardausführung kostet
4650.- DM, die Luxusausführung
4960.- DM (Die Auto Union
nahm für den AU 1000, dem der
Wartburg technisch nahesteht,
Preise ab 6000.- DM, mit vier
Türen kostete der AU 1000 S
7050.- DM!)

Aber trotz der niedrigen Preise
wird der Wartburg bei uns kaum
gekauft. Die genaue Verkaufs-
stückzahl mochte man uns bei
der Generalvertretung nicht sa-
gen. Die Zulassungsziffer liegt
jedenfalls unter der Grenze, von
der an das Kraftfahrtbundesamt
seine Typentabellen noch auf-
schlüsselt, also unter 480 Wagen
im Jahr. Opel macht z.B. doppelt
so viel Kadett am Tag!

Daß man den Wartburg bei uns
nicht kaufen mag, kommt wohl
nur in Einzelfällen von politischen
Vorurteilen. Man mißtraut viel-
mehr der Qualität (übrigens zu
Unrecht) und vor allem ist der
Wartburg äußerlich wie kon-
struktiv und im Ausstattungsstil
veraltet. Er ist im heutigen Wett-
bewerb bei uns nicht mehr kon-
kurrenzfähig, soweit nicht im Ein-
zelfall besondere Erwägungen
zum Kauf führen. Auch für Händ-
ler und Werkstatt ist die Entschei-
dung zur Wartburg-Vertretung
schwer. Von einem Kundendienst-
netz kann kaum gesprochen wer-
den; nur 65 Vertragswerkstätten
gibt es im Gebiet der Bundes-
republik, und davon ist höchstens
ein Drittel wirklich mit dem Her-
zen bei der Sache. Zentrale ist
die Generalvertretung Norwed-
Bauer in Braunschweig. Ähnlich
wie bei den Käufern steht hier
eine Gefühlsentscheidung oben-
an: die Firma ist alter Framo-
Vertreter aus den Vorkriegsjah-
ren und übernahm die Wartburg-
Vertretung in Anknüpfung an
diese alte Verbindung mit der
ostdeutschen Automobilindustrie.
Die meisten Händler hingegen
vertreten die Marke nur mit mat-
tem Interesse.

Dieser Sachverhalt kann uns nicht
veranlassen, am Wartburg acht-
los vorbeizugehen. Er ist ein deut-
scher Wagen aus einem alten
deutschen Automobilwerk, er
wird bei uns angeboten, also
besprechen wir ihn. Ebenso ver-
fehlt wie prinzipielle, politisch
bedingte Feindseligkeit wäre eine
von Gefühlsmomenten geleitete
Verschonung vor unseren Beur-
teilungsmaßstäben.

Form
Er ist auf seine altmodische Art
ein ansehnliches Auto, im Rah-
men der Stilrichtung sauber ge-
zeichnet. Störend für unsere

Aus MOT 6/1964


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Kein Mitteltunnel, keine Radkästen
Kein Mitteltunnel, keine Radkästen     
Viel Füßraum vor der Rücksitzbank
     Viel Füßraum vor der Rücksitzbank

Augen die dicken vorderen Fen-
sterpfosten und die schmale
Spurweite der großen Räder.
Der Wartburg ist mit 4,30 m
etwas länger als der VW 1500
und der Ford 12M, aber er wirkt
größer, wobei vor allem auch
mitspielt, daß er drei Seitenfen-
ster hat.
Raum
Der Innenraum ist schmal, Ellen-
bogenfreiheit vorn 126cm, hin-
ten 128cm. Vergleich: VW 1200
119/123cm, VW 1500 136/140cm.
Aber in der Länge wird viel ge-
boten: ca. 170 cm von Armatu-
renbrett bis Rücksitzlehne, dem
Opel Rekord entsprechend. Dem-
entsprechend guter Fußraum vor
der Rücksitzbank Wünschens-
wert etwas mehr Kniefreiheit
hinten durch eingezogene rück-
wärtige Verkleidungen der Vor-
dersitzlehnen.
Bemerkenswert reichlich ist die
Kopffreiheit, die bei moderneren
Karosserien stark vernachlässigt
wird: vorn 97 mm, ein sehr gutes
Maß, hinten 90 mm, 20 mm bes-
ser als bei den meisten west-
lichen Mittelklassewagen.
Gepäck
Der Gepäckraum ist stark zer-
klüftet, Ausnutzbarkeit für Kof-
fer eingeschränkt. Nach Raum-
inhalt kann man mit ca. 330 dm³
nutzbarem Raum rechnen, etwa
drei Viertel des DKW Junior/F11/
F12. Reserverad unter hochklapp-
barem hölzernen Gepäckraum-
boden, neben dem Reserverad
viel Raum für Werkzeug; Wagen-
heber und Montiereisen in Hal-
terungen.
Ein- und Aussteigen
Vorn sehr bequem, viel Abstand
zwischen Türpfosten und Sitz,
keine Schwierigkeiten auch für
langbeinige Fahrer, hohe Tür.
Hintere Türen erheblich schma-
ler, Rücksitzlehnen ins Heck hin-
eingeschoben, Ein- und Ausstei-
gen unbequemer als bei mo-
derneren Viertürern, aber beque-
mer als bei Zweitürern.
Zum Türöffnen Zugklinken, die
flach am Wagen anliegen. Nicht
gut durchdacht: Fingernägel ver-
kratzen den Lack. Der Idee nach
soll man die Enden der Klinken,
die jenseits des Drehpunkts lie-
gen, mit dem Daumen eindrük-
ken, dann erst die Finger um
Zugklinke legen; das Ende der
Klinke ist für Daumendruck aus-
gearbeitet. Leider gibt es leicht
eine Schmarre am Daumennagel.
Eine verfehlte Lösung.
Türschloß nur in linker, Vorder-
tür, Schloß braucht volle Dre-
hung, Schlüssel sitzt nicht akku-
rat und wir hatten auch Ärger
mit dem Schloßzylinder. Wobei
zu erwähnen ist, daß auch der
Sitz des Zündschlüssels beim Ein-
stecken nicht exakt ist. Im gan-
zen drei Schlüssel: Zündschloß,
Schaltungsschloß und Schlüssel
für Tür, Gepäckraum und Tank-
schloß.
Ausstattung
Polsterstoffe strapazierfähig, aber
schmutzempfindlich, Gestaltung
der Seitenverkleidungen, der Tür-
innengriffe und der Fensterkur-
beln im Stil altmodisch, polierte
Holzleisten auf den Türrändern
durch offene Schraubenköpfe
mehr handwerklich als luxuriös
wirkend. Als Dachverkleidung
sind wir heute perforiertes Kunst-
leder gewohnt; den Wartburg
gibt es nur mit Stoff.
Das Armaturenbrett ist gut ge-
zeichnet, aber das nackte Blech
wirkt unmodern, die Kunststoff-
scheiben der Anzeigeinstrumente
sind gelblich trübe, ungeschickte
Zifferngestaltung, schlechte Sicht-
barkeit bei Nacht. Die Tasten-
leiste unter der Armaturenbrett-
mitte (Licht usw.) provoziert Ver-
wechslungen der Tasten, rechts
ist der Zigarettenanzünder wie
eine Taste in die Reihe einge-
ordnet, statt daß man durch Re-
duzierung der Tastenzahl und
Trennung von Tastengruppen das
Auffinden erleichtert. Übliche
Anzeigeinstrumente und Bedie-
nungsorgane, keine erwähnens-
werte Besonderheit bis auf die
ganz unmöglich tief unten rechts
unter dem Armaturenbrett lie-
gende Starthilfebetätigung. Ein
besonderer Hebel neben der
Lenksäule: der Getriebefreilauf.
(Bei eingeschaltetem Freilauf
trennt sich die Verbindung zwi-
schen Getriebe und Hinter-
rädern, wenn der Wagen schnel-
ler rollt, als es der Motordreh-
zahl entspricht - altes DKW-
Rezept beute wieder beim F 102.)
Blinkerfingerhebel und Getriebe-
schalthebel bei Lenksäule gut
angelegt, doppelte Sonnenblen-
den primitiv verschraubt.
Hat man sich eingewöhnt, so ist
der Gesamteindruck besser als
diese Aufzählung vermuten läßt.
Der Wartburg ist recht wohnlich.
Die Sitze sind sehr gut gepol-
stert, bequeme Sitzposition.
Die Vordersitzlehnen einstellbar
bis Liegesitzposition, seit kur-
zem ein verbesserter Mechanis-
mus. Für Rücksitzpassagiere zwei
Aschenbecher in den Verkleidun-
gen der Vordersitzlehnen, Arm-
stützen (zugleich Griffe zum Zu-
ziehen) in allen vier Türen, Hand-
schuhkasten mit Deckel, Klein-
zeugablage vor dem Rückfen-
ster, Taschen in allen vier Tü-
ren, Motorraum- und Gepäck-
raumbeleuchtung - es steckt
schon viel Liebe in der Ausge-
staltung, wenngleich Einzelheiten
nicht einfallsreich sind.
Bedienung
Gute Fahrersitzposition, aber
Beeinträchtigung der Sicht durch
die Fensterpfosten, die kleine
Windschutzscheibe und die klei-
nen Scheibenwischerfelder. Hin-
tere Karosseriebegrenzung nicht
im Blick des Fahrers.
Vorn sehr viel Fußraum ohne
Radkästen und Mitteltunnel. Gut
angelegte Fußhebel. Hohes, steil-
stehendes Lenkrad eigenartig
geformt, mit (frei nach Lichten-
berg: wachender Gelehrsamkeit
und schlafendem Fahrerver-
stand erdacht: Verdickte Griff-
partien, ideal fürs Geradeaus-
fahren, eingerückter unterer Bo-
gen ergibt griffsicheren Halt.
Aber beim Drehen des Lenk-
rades wird alles zum Nachteil,
die unregelmäßige Form stört.
Schalthebel gut im Griff, die
Funktion jedoch eine Enttäu-
schung: vor ein paar Jahren be-
wunderten wir am Wartburg die

Aus MOT 6/1964


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Verfehlte Lenkradform

Motorraum gut aufgeräumt

Wartburg Camping

Gepäckraum zerklüftet

Wartburg Coupé

leichtgängige und exakte Schal-
tung mit kurzen Schaltwegen.
Jetzt ist die Schaltung aus irgend-
welchen Gründen nicht mehr so
leichtgängig, auch unsynchroni-
sierter 1. Gang stört mehr als
früher. Schaltungserleichterung
durch eingeschalteten Freilauf:
dann läuft der Motor bei frei
rollendem Wagen im Leerlauf,
so daß man jeden gewünschten
Gang ohne weiteres einschalten
kann, im Effekt eine Gangvor-
wählung. Der Zweitakter bremst
ohnehin kaum mit, und der Frei-
lauf erspart auch den stoßenden
Lauf des mitgezogenen Zweitak-
ters nach Gaswegnehmen in nie-
drigen Drehzahlen. (Bei hohen
Geschwindigkeiten und auf Glätte
schaltet man den Freilauf besser
aus.)
Ein Bedienungs-Minuspunkt ist
der sehr große Wendekreis des
Wartburg nach links.
Fahren Im Alltag
Sicherer Kaltstart auch bei tief
unterkühltem Motor, typisch für
den Zweitakter. Sehr häßlicher,
lauter und stoßiger Leerlauf mit
dem unregelmäßigen Zweitakt-
Auspuffgeräusch. Das ist bei
DKW ungleich besser gedämpft.
Beim Beschleunigen zieht der
Motor schön vibrationsfrei, wenn-
gleich in den laufeigenschaften
nicht DKW-Niveau erreicht.
Motorabstimmung alter Art: auf-
fallend guter Durchzug schon
bei sehr niedrigen Drehzahlen,
sehr elastisch am Berg und bei
hoher Belastung, auf Kosten der
Leistung in hohen Drehzahl-
bereichen; siehe Seite 17 oben
"Beschleunigung und Spitze". Der
Motorcharakter paßt in ein ruhi-
ges Verkehrsmilieu und zu einem
ruhigen Fahrer gut, aber der AU
1000 S zeigt, wie ein solcher Mo-
tor auf unsere Anforderungen
abgestimmt werden müßte.
Im Allroundverkehr mit vorwie-
gend Kurzstrecke wirkt der Wart-
burg auch durch sein Gewicht,
die eingeschränkte Sicht und
den großen Wendekreis recht
schwerfällig; man muß ihn ge-
wöhnt sein. Die typische Nei-
gung des Frontantriebs zum
Durchrutschen der Vorderräder
beim Anfahren an glatter Stei-
gung fällt beim Wartburg be-
sonders auf, trotz großer Räder;
wahrscheinlich liegt es an den
Reifen, die mehr auf lange Le-
bensdauer als auf Rutschfestig-
keit gezüchtet sind.
Fahren: Fernstrecke
Zu längeren Fahrten mit ge-
mäßigten Geschwindigkeiten pas-
sen die Eigenschaften des Wart-
burg am besten. Der Motor
schnurrt bei ca. 80-90 km/h mit
einer sehr zivilen Drehzahl im
sanften Zweitaktlauf, er erfor-
dert durch den guten Durchzug
von unten heraus nicht viel Schal-
ten, vom Lenkungscharakter bis
zur Lenkradform paßt alles für
die Fernstrecke am besten.
Schnell ist er ohnehin nicht, und
bei scharfer Fahrweise steigt der
Verbrauch steil.
Für die Ansprüche ruhiger Fah-
rer reichen die Überhol- und
Bergkraftreserven vollauf. Der
Wartburg ist kein Aschenbrödel
der Landstraße, wird allerdings
leicht als solches betrachtet und
auf Biegen und Brechen über-
holt. Wen das ärgert, der kann
mit dem Wartburg nicht glück-
lich werden; der Wagen ist für
ein ganz anderes Verkehrsmilieu
gemacht als das unsrige. "Ein
typisches Vorkriegsauto", dieser
Eindruck bleibt.
Die Fahreigenschaften kann man
als ruhiger Fahrer gut nennen,
aber für höhere Ansprüche sind
sie weit hinter dem zurück, was
DKW mit dem AU 1000 erreicht
hatte. Man spürt, daß der Wart-
burg weit ab von Konkurrenz-
vergleichen gebaut wird. Alle
Verfeinerungen, die gerade bei
den Fahreigenschaften in den
letzten Jahren erzielt worden
sind, sind an ihm spurlos vor-
übergegangen.
Geht man - wie es empfehlens-
wert ist - mit Gas in die Kurve,
so will er mit etwas Kraft im
Lenkrad hineingezogen werden;
dies "Untersteuern" ist für die mei-
sten Frontantriebswagen typisch
und normal. Aber wenn man in
der Kurve Gas wegnimmt, so
schlägt dies Untersteuern äußerst
schroff in ein Übersteuern; das
Heck drängt aus der Kurve, der
Wagen lenkt ohne Lenkradzug
in einen engeren Kurvenradius
hinein. Der Fahrer muß sich
stark eingewöhnen. Fahrbahn-
stöße kommen ins Lenkrad
durch, kurze Fahrbahnwellen be-
einträchtigen das Lenkgefühl.
Wer Fortschritte im Fahrwerks-
bau kennenlernen will, muß ein-
mal Wartburg, AU 1000 und
DKW F 102 hintereinander fah-
ren; es ist eine klare Stufung
durch die Entwicklungsepochen.
Bis ca. 1955 konnte man den
Wartburg noch anders beurtei-
len als jetzt. Aber das ist fast
10 Jahre her.
Federung
Der Wartburg hat mit Abstand
die härteste Federung, die man
in Europa in einen Personen-
wagen einbaut. 14 Federblätter
zählten wir im vorderen Blatt-
federpaket. Früher waren es 11
dickere Federblätter, aber von
der Verfeinerung der Federung
ist kaum etwas zu spüren. Bei
uns arbeitet man mit Kunststoff-
zwischenlagen und möglichst
wenig Federblättern. Hier ist der
Wartburg hoffnungslos veraltet.
Der Komforteindruck auf nicht
allzu schlechten Straßen ist aller-
dings besser als man erwarten
könnte; gute Sitze machen fürs
Komfortgefühl viel aus. Man ist
im Wartburg geneigt, Gas weg-
zunehmen, wo man mit besser
gefederten Autos mit voller Ge-
schwindigkeit durchfährt.
Bremsen
Trommelbremsen mit großer
Bremsfläche, vorn Duplex-Brems-
anordnung (jede Bremsbacke für
sich angehoben, Verstärkungs-
effekt). Die Bremsen werden in
Tests meist als gut beurteilt,
aber wir sind nicht zufrieden: zu
starkes Nachlassen der Brems-
wirkung beim Erhitzung (Fading).
Die Bremse ist hinter den bei
uns stark gestiegenen Forderun-
gen zurückgeblieben.

Aus MOT 6/1964


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PREISE (unverbindliche Richtpreise):
Wartburg
 
 
 
 
Vorfracht bis Braunschweig
Diebstahlsicherung
 
AUFPREISE:
Radio
Stoff-Schiebedach

Standard
de Luxe
Coupe
Camping
Kombi
4490.-- DM
4800.-- DM
7140.-- DM
6910.-- DM
6335.-- DM
95.-- DM
48.-- DM
 
 
180.-- DM
300.-- DM

BETRIEBSKOSTEN
(ohne Kasko und Garage, mit Wertverlust, Grundkosten
und laufenden Kosten)
Kfz-Jahressteuer
Jahresprämie-Haftpflichtversicherung
(250000 DM) durchschnittlich ca.
Voraussichtlicher Wertverlust pro Jahr
(während der ersten drei Jahre) ca.
Grundkosten pro Jahr mit Wertverlust
(einschließlich Nebenkosten) ca.
Laufende Unkosten pro 100 km ca.
144.-- DM
 
290.-- DM
 
800.-- DM
 
1385.-- DM
11.50 DM
Gesamte Unkosten pro Monat ohne
(in Klammern mit) Wertverlust ca.:
bei 10000 Jahreskilometern 144.50 DM    (211.- DM)
bei 15000 Jahreskilometern 192.50 DM    (259.- DM)
bei 20000 Jahreskilometern 240.50 DM    (307.- DM)
bei 30000 Jahreskilometern 336.--  DM    (499.- DM)
bei 40000 Jahreskilometern 432.--  DM    (499.- DM)
Die Betriebskosten des Wartburg sind schwer zu kalku-
lieren. Je nach individueller Fahrweise und Fahrbetrieb
können sich größere Differenzen bei den laufenden Un-
kosten ergeben als bei anderen Fahrzeugen. Der Kraft-
stoffverbrauch kann bis zu drei Liter differieren und
wirkt sich dabei automatisch in einem höheren Kosten-
anteil des Öls aus. Der theoretische Wertverlust ist eben-
falls höher als der übliche Durchschnitt, kann jedoch beim
Verkauf an Liebhaber herabgemindert werden.

TECHNISCHE DATEN

 
MOTOR
Dreizylinder-Zweitakt-Reihenmotor
Hubraum 991 ccm
Zylinderbohrung 73,5 mm
Kolbenhub 78 mm
Verdichtung 7,3-7,5
Leistung 45 PS bei 4200 U/min
Höchstes Drehmoment 9,5 mkg bei 2200 U/min
Mittlere Kolbengeschwindigkeit
    bei Nenndrehzahl 10,92 m/sec
    bei 100 km/h (3900 U/min) 10,26 m/sec
Kurbelwelle: vierfach gelagert (Kugellager)
Kühlung: Wasser (Ca. 8 Liter einschließlich Wärme-
    tauscher), Wasserumlauf durch Pumpe, Ventilator,
    Thermostat, Kühlerjalousie, Fernthermometer,
    Anzeige am Armaturenbrett
Schmierung: Mischungsschmierung 1 :33,5 (1 Liter Öl auf
    33,5 Liter Kraftstoff)
Vergaser: 1 Flachstromvergaser H 362-20 BVF
Luftfilter: Naßluftfilter
Kraftstoffzufuhr: pneumatische Membranpumpe (Antrieb
    durch Druckwechsel im Kurbelgehäuse)
Tank: ca. 40 Liter, im Heck, Benzinuhr am Armaturenbrett
Batterie 6 Volt, 84 Ah, Lichtmaschine 220 Watt
 
KRAFTÜBERTRAGUNG
 
Kupplung: trockene Einscheibenkupplung
Getriebe: Vierganggetriebe (2,25 Liter Ölinhalt, II. bis
    IV. Gang synchronisiert, mit sperrbarem Freilauf,
    Schalthebel an Lenksäule, Frontantrieb
Untersetzungen im Getriebe:
    3,174/2,133/1,368/0,956/R.4,44
Achsantrieb: Standard 4,857, Kombi 5,67
Gesamtübersetzungen 
demnach:
I.
II.
III.
IV.
R.
Limousine
15,90
10,36
 6,654
 4,643
21,565
Kombi
18,54
12,09
 7,775
 5,417
25,161
FAHRWERK
Karosserie: Kastenprofilrahmen mit 4 Querträgern, Auf-
    bau auf Gummi-Zwischenlagen, 4 Türen
Radführung vorn: Blattfederpaket quer oben und Quer-
    lenker unten, Antriebs-Halbachsen, Teleskopstoß-
    dämpfer
Radführung hinten: Starrachse an Längsschwinghebeln
    mit Blattfederpaket quer oben, Teleskopstoßdämpfer
Lenkung: Zahnstangenlenkung mit geteilter Spurstange,
    ca. 2,6 Lenkradumdrehungen von Anschlag zu Anschlag
Reifen: Limousine 5.90-15, Kombi 6.40-15
Fußbremse: hydraulisch Trommelbremsen, vorn Duplex
    Gesamtbremsfläche 920 cm²
Handbremse: mechanisch auf die Hinterräder
 
MASSE
Radstand: 2450 mm
Spurweite vorn/hinten: 1190/1260 mm
Gesamtlänge/-breite/-höhe: 4300/1570/1450 mm
    für Limousine (bei anderen Modellen geringe
    Abweichungen)
Bodenfreiheit: 190 mm (belastet)
Innenraummaße: siehe Schemazeichnung
Wendekreis links/rechts: 12,6/11,6 m
 
GEWICHTE
Limousine Coupe Camping Kombi Lieferwagen
Wagengewicht vollgetankt
    kg     920     955 980     1050     900
Zulässiges Gesamtgewicht
    kg     1300     1325 1390     1450     1500
Zulässige Belastung demnach:
    kg     380     370 410     400     600
entspricht z. B. bei der Limousine 4 Personen (je 75 kg)
    +80kg Gepäck Leistungsgewicht (kg pro PS) ca.
 vollgetankt unbelastet
     20,4     21,2     21,8     23,3     20,0
    voll belastet
     28,8
Geräusche
Trotz des Schüttelns durch die
harte Federung ist die Karos-
serie klapperfrei, das solide
Blech ist unerschütterlich. Die
Türen schließen exakt, wenn auch
nicht leise. Das Motorgeräusch
im Leerlauf ist unkultiviert, zum
Wageninnern hin wie nach außen.
Das stört und beeinträchtigt auch
die Besitzfreude. Mit dem ruhi-
gen Leerlauf eines Viertakt-Vier-
zylinders würde der Charakter
des Wartburg bei unbeteiligten
Betrachtern ganz anders einge-
schätzt. Das Motorgeräusch beim
Fahren ist im Wagen verhältnis-
mäßig stark hörbar, aber im
Klang erträglich.
Verbrauch
Der Verbrauch des Zweitakters
ist stark von der Fahrweise ab-
hängig. Nimmt man das Gas
stets so weit zurück, wie es
der Wagen für die gewünschte
Geschwindigkeit gerade noch
braucht, so liegen die Verbräuche
beim Wartburg unter 9,5 Liter,
vor allem bei Ausnutzung des
Freilaufes. Mit einem Jahres-
mittel unter ca. 10,5 bis 12,0 Liter
kann man aber nicht rechnen.
Bei Verwendung von Zweitakt-
ölen ist das Mischungsproblem
nur eine Sache des Rechnens mit
dem ungewöhnlichen Mischungs-
verhältnis 1 :33 1/3, z.B.0,75 Liter
Öl auf 25 Liter Kraftstoff, aber
man kann nicht ganz volltanken,
wenn es nicht gerade mit den
Doseninhalten hinkommt. 1 :40
wie bei den älteren DKW ver-
trägt er bei unseren Ölquali-
täten auch einwandfrei. Bei offe-
nem Öl, das qualitativ voll aus-
reicht, muß man unwillige Tank-
warte zum Mischen in der Misch-
kanne veranlassen. Desolite K
als Zusatz zum offenen Öl ist
wegen der Rückstandsbildung
des Zweitakters im Kurzstrecken-
verkehr sehr zu empfehlen.
Heizung/Lüftung
Die Heizung ist gut, sie kühlt
aber schnell aus, wenn man
langsam fährt, vor allem mit
Freilauf; das ist ebenso typisch
für den AU 1000. Die Lüftung im
Wartburg ist sehr gut; Fußraum-
belüftung, Kurbelfenster in allen
vier Türen und ausstellbare hin-
tere Seitenscheiben.
Verarbeitung
Die Verarbeitung ist untadelig,
man spürt die langjährige Ein-
arbeitung, und es stecken wahr-
scheinlich für unsere Verhältnisse
auch viel Arbeitsstunden im
Wagen. Auch nebensächliche
Einzelheiten sind gut verarbei-
tet; optisch stören eher anlage-
mäßige Primitivitäten, etwa die
groben Schrauben an den Son-
nenblenden und dergleichen.
Lackierung und Verchromung
sind untadelig, sehr im Gegen-
satz zu den Eindrücken der Bau-
jahre bis ca. 1960.
Lebensdauer-Erwartung
Beim Motor ist eine Voraussage
schwer. Manche Fahrer haben
viel Ärger, manche überhaupt
keinen, und der Ärger betraf
meist ältere Ausführungen. Zur
Lebensdauer der Kurbelwellen-
lager kann man nach 3=6-Er-
fahrungen mißtrauisch sein,
aber der Wartburg ist anscheinend
unempfindlicher als die älteren
DKW. Seinem ganzen Charakter
nach und auch im Material ist es
ein sehr gesunder Motor, und
Reparaturen sind bei der ein-
fachen Bauart nicht aufwendig.
Die Lebensdauer von Fahrwerks-
lagern usw. wird davon abhän-
gen, wie man die reichlichen
Wartungsempfehlungen erfüllt.
Ein gut gepflegter Wartburg ist
durch seinen soliden Bau und
die saubere Verarbeitung sehr
langlebig. Nachteilige Erfahrun-
gen mit älteren Modellen sollten
in dieser Beurteilung nicht irre-
machen. Kabelbrüche etc. sind
längst überwundene Krankheiten.
Geruch
Der typische Zweitaktgeruch im
Sog hinter dem Wagen scheint
uns beim Wartburg nicht ganz
dem typischen DKW-Geruch zu
entsprechen, aber man riecht
jedenfalls, wenn ein Wartburg
vor einem herfährt. Nicht zu ver-
wechseln mit dem Geruchspro-
blem ist das der blauen Wolke,
die entsteht, wenn ein Wagen
längere Zeit im Kurzstreckenver-
kehr gefahren wurde und dann
mit gut durchgeheiztem Motor
Verbrennungsrückstände weg-
brennt. In diesen Eigenschaften
entspricht der Wartburg dem
DKW vor Einführung der Frisch-
ölautomatik.
Eine Wartburg-Besonderheit ist
hingegen der Geruch im Innen-
raum des neuen Wagens. Er muß
von bestimmten Kunststoffen
oder Klebemitteln herrühren,
fällt zunächst nur nebenbei auf,
kann aber auf längeren Fahrten
außerordentlich belästigen und
bei empfindlichen Insassen Übel-
keit hervorrufen, schon beim Ge-
danken an die nächste Fahrt mit
dem Wartburg. Dieser Geruch
verschwindet nur langsam und
nie ganz. Wir nahmen ihn in
einem mehrere Jahre alten Wa-
gen noch wahr, wenn auch
schwach. Das kann man einem
westlichen Autokäufer nicht zu-
muten.
Wartung
Der Wartburg gehört wie der
AU 1000, der VW 1200 oder der
Glas Isar T 600/700 wartungs-
mäßig zu einer älteren, fast
überwundenen Autogeneration.
Das heißt, daß noch viele
Schmiernippel häufig zu versor-
gen sind (z. B. Gelenkwellen der
Vorderräder "bei längeren Fahr-
ten mit Höchstgeschwindigkeit"
alle 1500 km schmieren). Für die
meisten übrigen Pflegearbeiten
sind Intervalle von 5000 km vor-
gesehen. Die Schmierarbeiten
kann man aber ohne weiteres
selbst erledigen, wenn man eini-
ges Werkzeug besitzt (wir sehen
als wichtigstes Zubehör eine
Wanner-Handhebel-Fettpresse
für ca. 45.- DM an). Auch die
meisten Inspektionsarbeiten kann
man selbst übernehmen.
Das Werk trägt dem Fehlen
eines guten Kundendienstnetzes
Rechnung und fügt der Betriebs-

Aus MOT 6/1964


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BESCHLEUNIGUNG
UND SPITZE

 
 
 
km/h
0-40
0-50
0-60
0-70
0-80
0-90
0-100
0-110
0-120
0-130
Spitze ca. km/h
 
Wart-
burg
 
4,5
6,6
9,8
13,9
18,3
24,5
33,0
48,5
ca. 90
--
125
AU
1000
S
 
4,9
6,8
9,0
11,8
15,0
19,0
24,0
31,4
41,2
ca. 65
130
VW
1200
34 PS
 
5,5
7,5
10,8
14,2
19,0
25,0
36,0
ca. 60
--
--
115
Ford
12 m
1,2 L.
 
4,4
6,5
10,0
12,2
16,0
20,5
30,0
37,0
53,0
--
125
Ford
12 M
1,5 L.
 
4,2
6,0
8,4
10,8
13,5
16,0
20,0
26,7
39,0
ca. 70
130
Opel
Kadett
40 PS
 
4,5
6,0
8,5
10,5
14,5
18,5
25,5
42,0
ca. 90
--
120
 
Beschleunigung jeweils: mit zwei Personen in der Ebene
in zwei Richtungen, Tachometer geeicht. Die Beschleuni-
gung des Wartburg liegt etwas Über dem VW 1200.
Gegenüber allen anderen vergleichbaren Wagen fällt
er in höheren Geschwindigkeitsbereichen stark zurück.
Gegenüber dem AU 1000S wird aus den Beschleunigungs-
ziffern deutlich, daß der AU 1000 S höher getrimmt ist,
auf Kosten des Durchzugs in unteren Drehzahlen.

RICHTIGES SCHALTEN

Aus dem Drehzahl/Geschwindigkeits-Diagramm kann man
das Verhältnis von Motordrehzahl zu Geschwindigkeit
in den Gängen ablesen. Man sieht zum Beispiel, daß der
Motor bei 80 km/h im dritten Gang ca. 4500 U/min dreht,
im vierten nur 3100 U/min. Man kann aus dem
Diagramm entnehmen, welche Geschwindigkeiten in den
unteren Gängen erzielbar sind. Das heißt - von der
Motordrehzahl aus gesehen - wie hoch man über die
Nenndrehzahl (in der der Motor seine 45 PS erreicht)
hinaus noch Drehzahlen nutzen kann. Eingezeichnet ist
ferner die Lage des höchsten Drehmoments. Zum Ver-
ständnis: das Drehmoment ist zu vergleichen mit den
Beinmuskeln eines Läufers, die Leistung mit seiner Fähig-
keit, die Beine schnell zu bewegen.
Der Zweitaktmotor zieht von Natur schon aus sehr niedri-
gen Drehzahlen kräftig heraus und braucht verhältnis-
mäßig wenig Drehzahlen im Verhältnis zu seinen PS.
Der Wartburg-Motor ist ganz besonders auf gesunden
Durchzug in niedrigen Drehzahlen angelegt. Dement-
 
Beschleunigung in Sekunden
sprechend erfordert er wenig Überlegung und Sorgfalt
fürs Schalten. Wer auf maximale Beschleunigung Wert
legt, sollte beim Hochbeschleunigen ca. 5000 U/min aus-
nutzen, also beim ersten Gang nach Tacho an ca. 40 km/h,
im zweiten Gang an ca.60 km/h im dritten an ca.
90 km/h drehen, bis er aufwärts schaltet. Aber wem es
auf Sparsamkeit ankommt, der sollte sehr viel früher
aufwärtsschalten. Der Motor soll nicht in niedrigen Dreh-
zahlen gequält werden, unnötig hoch soll er jedoch auch
nicht drehen. Es genügt in der Regel vollkommen, wenn
man fürs Beschleunigen im ersten Gang bis an 30 km/h,
im zweiten Gang bis an ca. 50 km/h, im dritten Gang
bis an ca. 70 bis 75 km/h hochdreht und dann aufwärts
schaltet. Fürs gleichmäßige Fahren zieht der vierte Gang
auch aus 35 km/h noch sehr sauber heraus; viel in den
unteren Gängen zu fahren, ist weder nötig noch für den
Verbrauch günstig. Man findet sich in die Anforderungen
des Triebwerks leicht ein, wenn man sich immer ange-
wöhnt, nach Erreichen der gewünschten Geschwindigkeit
den Gashebel so weit zurückzunehmen, wie es der Motor
zum gleichmäßigen Fahren gerade noch braucht. Es
spart beim Zweitakter sehr viel Kraftstoff.
 
Motordrehzahl U/min
 
 
 
 
anleitung ein ausführliches War-
tungs- und Schmierkapitel an,
ebenso ein Kapitel über Kon-
trollen, die der Besitzer selbst
ausführen kann. Dadurch läßt
sich die Instandhaltung verein-
fachen. Gegenüber der Ausfüh-
rung von 1959 ist die Betriebs-
anleitung von 1964 erheblich
dünner geworden. Zum Nach-
teil der Wartburg-Käufer, denn
das Kundendienstnetz ist nicht
in gleichem Maße dichter oder
qualitätsmäßig besser gewor-
den. Der Selbstpfleger kann die
Unterhaltung jedoch verbilligen,
wenn er für die Inspektionen ge-
zielte Aufträge gibt und die
übrigen Kontrollen und Pflege-
arbeiten selber erledigt.
Die beiden ersten Inspektionen
sind kostenlos. Für die 7500km-
Inspektion muß man 23.-DM
bezahlen, für die Inspektionen
bei 10000 und 15000 km je 30.-
DM, und für die 20000 km-In-
spektion wieder 23.- DM. Jen-
seits von 25000 km richten sich
die Kosten nach dem Arbeits-
aufwand.
Ersatzteile, Austausch-
teile, Reparaturen,
Arbeitszeiten
Das Kundendienstnetz ist sehr
dünn. Im Bundesgebiet arbeiten
etwa 65 Wartburg-Händler,
allerdings mit großen Unterschie-
den in Qualität und Ausstattung.
Der Wartburg-Besitzer kann je-
doch auf nicht markengebun-
dene kleine Werkstätten oder
eventuell auf DKW-Werkstätten
ausweichen. Die andere Mög-
lichkeit: Werkzeug anschaffen
und den Wagen selbst instand-
halten.
Die Ersatzteilbeschaffung ist ge-
sichert, aber man kann nicht mit
Ersatzteilvorräten bei Händlern
rechnen. Das Zentralersatzteil-
lager des Braunschweiger Im-
porteurs liefert alle benötigten
Teile, kleinere Ersatzteillager be-
stehen bei einigen Händlern.
Aber auch bei schnellem Ver-
sand ergeben sich Wartezeiten,
die es bei einer normalen Kun-
dendienstversorgung nicht gibt.
Motor und Nebenaggregate sind
gut zugänglich. DKW-Kenner
kommen mit Arbeiten gut zu-
recht. Der Aus- und Einbau des
Motors liegt mit 40.-DM im
Rahmen des üblichen. Für Aus-
und Einbau des Austausch-Teil-
motors muß man 60.-DM be-
zahlen. Der Austausch-Teilmotor
kostet 517.-DM, das Austausch-
getriebe 528.-DM, der Getriebe-
einbau 105.-DM. Das Belegen
der Bremsen an allen vier Rädern
kommt auf 90.-DM.
Die Preise für Blechteile (un-
lackiert, grundiert, ohne Be-
schläge) liegen über VW-Niveau,
aber unter Fiat und Ford: vor-
dere Tür 127.50 DM, hintere Tür
132.50 DM, Kotflügel vorn 60.10
DM, Kotflügel hinten 33.05 DM,
Motorhaube 82.70 DM, Heck-
klappe 111.60 DM. Die Stoßstan-
gen bestehen aus drei Teilen,
so daß man einzelne Stücke aus-
wechseln kann. Die Vordere Stoß-
ecke kostet 23.10 DM, die hin-
tere 25.85 DM, das Mittelteil vorn
12.20 DM, der Bügel für die hin-
teren Stoßecken 14.75 DM. Stoß-
dämpfer: 27.75 DM.
mot GESAMTURTEIL

Der Wartburg zeigt, daß es nicht genügt, wenn ein Auto außer-
ordentlich gut gebaut und für Ausstattung und Format sehr billig
ist. Man muß sich sein Auto nicht unbedingt so modern wie möglich
wünschen, aber der Wartburg entspricht doch in vielen technischen
Punkten nicht dem, was nach dem Stand der Technik heute von
einem konkurrenzfähigen Automobil zu fordern ist. Als reine Ver-
nunftentscheidung kann man sich kaum zum Wartburg entschließen.
Gefühlsgründe können allerdings im Einzelfall durchaus vertretbar
zu ihm führen. Etwa besondere Sympathie mit den Baurezepten des
alten DKW 3=6, dem der Wartburg sehr nahesteht; sie stammen
vom gleichen DKW-Typ ab, den die Auto Union für das Jahr 1940
vorbereitet hatte. Man kann auch seine Gründe haben, einen Wart-
burg zu nehmen, wenn man z.B mit einem Wartburg-Händler gut
befreundet ist, keine höheren Ansprüche an sein Auto stellt und
vielleicht einen gewissen Reiz des Wartburg für den Selbstpfleger
einrechnet. Aber das sind Gründe, die schon jenseits dessen liegen,
was man auf dem geraden Wege zum vernünftigen Autokauf er-
wägen kann. Zumal die Kundendienstprobleme und der stark ab-
sinkende Wiederverkaufswert eingerechnet werden müssen. Gegen
den Kauf eines Wartburg spricht so viel, daß wir ihn z.B. bei Ver-
gleichszusammenstellungen der Preis und Leistungsklasse überhaupt
nicht hineinnehmen; er wäre von vornherein ein nicht empfehlens-
wertes Schlußlicht der Tabelle.
Diese Feststellungen sind uns schmerzlich, denn wir wissen, daß der
Wartburg das beste ist, was unter den gegebenen Verhältnissen
vom Herstellerwerk geboten werden kann. Die Planung eines völlig
neuen Wagens oder auch nur tiefgreifender Änderungen ist völlig
unmöglich; eine neue Karosserie - ein Prototyp wurde mal im "Stern"
gezeigt - ist das, was er am allerwenigsten braucht. Man arbeitet an
der Produktionsausweitung, um die Lieferzeiten in der DDR ab-
zubauen. Aber abgesehen von Planungsproblemen ist das Werk,
das mitten in Eisenach liegt, auch räumlich eingeklemmt. Die
Schaffung eines modernen und im Westen konkurrenzfähigen
Personenwagens würde eine grundlegende Planentscheidung vor-
aussetzen, für die bei den Verantwortlichen die psychologischen
Voraussetzungen fehlen; die ideologischen Tendenzen setzen den
Privatwagen ziemlich weit unten in die Dringlichkeitsliste und die
sowjetische Tendenz geht eher zur Förderung des Mietwagens.
 
 
Tester (Text, Fotos, Meßdaten): Dr. Paul Simsa
Zeichnungen: J. F. Drkosch
Wartung, Daten: R.Traub
Betriebskosten: K. H. Freund
2 Fotos Seite 15: Kurt Wörner

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