Die Produktionszeit
unserer PKW-Baumuster
ist zwangsläufig lang. Die verhältnismäßig
kleinen Stückzahlen sind hierfür die Ursache.
10 Jahre hindurch mußte so die Grundform
des ersten Wartburg unverändert bleiben.
Mit dem Wartburg 353 stellt der volkseigene
Automobilbau der DDR aber nachdrücklich unter
Beweis. wie fähig er ist. zeitgerechte Auto-
mobilkarosserien zu gestalten und zu bauen.
Der Wartburg-Tourist ist die konsequente Fort-
setzung der mit der Limousine begonnenen Ent-
wicklung. Das attraktive Heck befördert die
neue Wartburg-Ausführung in jene Gruppe an-
spruchsvoller Kombiwagen. die sich in der
europäischen Mittelklasse wachsenden Zu-
spruchs erfreut. Die dem Grundaufbau des
Wartburg 353 vollauf entsprechende Heckpartie
sieht nicht nur gut aus, sondern ist zugleich
zweckmäßig und fertigungsgünstig. Die beiden
zusätzlichen Seitenscheiben und das breite Heck-
fenster bieten ausgezeichnete Sicht nach hinten.
Die nach oben öffnende Hecktür ist so groß, daß
sie fast den gesamten Karosseriequerschnitt
freigibt. Ladefläche und Nutzraum haben sich
vergrößert. Die aufgesetzte Heckklappe aus
glasfaserverstärktem Polyester gewährleistet
wie die Türen. die vorderen und hinteren Kot- |
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flügel und die
Motorhaube, eine problemlose
Austauschbarkeit. Die Kante in Hohe der Blink-
leuchten und die eingezogene Heckscheibe unter-
teilen die Flache sehr geschickt.
Wenn der Wartburg-Tourist jeden Lieferwagen-
charakter vermeidet und als Personenkraftwagen
kaum weniger attraktiv ist als die Limousine –
z. B. auch wegen seiner vier Seitentüren – so
muß er deshalb noch kein Vollheckfahrzeug sein;
dazu ist auch der Tourist im Verhältnis zu seiner
Breite optisch zu lang. Abgedeckter Koffer-
raum und noch schrägeres Heck gehörten nach
unserer Meinung außerdem zu einer Vollheck-
karosserie.
Die Heckscheibe des Tourist ist um rd. 28º zur
Vertikalen geneigt und verschmutzt deshalb nicht
mehr so schnell wie die Heckscheibe bisheriger
Kombis. Nach rd. 100 km Regenfahrt auf Land-
straßen mußten wir bei unserem Testwagen die
Heckscheibe aber doch säubern, was für eine
Vollhecklimousine nicht tragbar wäre.
Mit seiner gekonnten Formgestaltung weist der
Tourist aber den Weg zur Vollhecklimousine mit
optimal großem und vielseitig nutzbarem Innen-
raum. Unser Automobilbau sollte diese unkon-
ventionelle Entwicklung fortführen, auch wenn
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man dabei
Neuland beschreiten und Vorbehalte
überwinden muß.
Die Innenausstattung gleicht der der Limousine.
Auch die körpergerecht geformten Vordersitze
sind dieselben. Die Fondsitzbank hat eine nur
schmal gepolsterte umklappbare Lehne, deren
Rückseite zur Ladeflächenverlängerung dient.
Bei umgeklapptem Fondsitz lassen sich die Vor-
dersitze nur noch auf der halben Länge horizontal
verstellen. In Sitzposition wird die Lehne durch
simple Gummiblöcke gehalten, in die entspre-
chende Formstücke einrasten. Leider erwies sich
die Sicherung als nicht ausreichend: Ladegut
kann die Lehne z. B. beim Bremsen aus ihrer
Halterung drücken. Die Ladefläche der Standard-
ausfiihrung ist mit Gummimatten ausgelegt, die
auf dem Boden festgeknöpft werden sollten, da-
mit sie sich nicht so leicht verschieben. Beides
soll in der Serie berücksichtigt werden.
Reserverad. Werkzeug und Zubehör liegen unter
der Ladefläche. Man hat diese Lösung der Unter-
bringung des Reserverades von außen unter dem
Heck vorgezogen. Am wenigsten wurde das
Reserverad wohl unter der Motorhaube stören,
unter der durch den kleinbauenden Dreizylinder-
Zweitaktmotor der notwendige Platz zu schaffen
sein mußte.
Man wird den Wartburg-Tourist sicher kaum für
grobe und schmutzige Transportgüter nutzen;
er ist mehr für den Transport verpackter Waren
und auch sperriger Gegenstände geeignet. Die
Seitenflächen und hinteren Radeinbauten sind nur
durch Lacküberzug geschützt. In die Ladefläche
ragen auch kleine gepolsterte Flächen der Fond-
sitzverkleidung. Hellgraues Polstermaterial wie i
m vorliegenden Fall durfte für Verschmutzung
besonders empfindlich sein. Der uns zur Ver-
fügung gestellte Wagen stammte noch aus der
Nullserie. Mängel, wie falsch montierte Tür-
schlösser, undichte Fahrertür, fehlende Laderaum-
leuchte, klapperndes Instrumentenbrett, wird
man sicher bei der Serienproduktion abgestellt
haben.
Die Heizleistung konnten wir wegen der warmen
Witterung im Oktober nicht beurteilen; sie dürfte
allerdings auch für den größeren Innenraum aus-
reichen. Allerdings sollte man vielleicht bei
einem Wagen mit den Dimensionen des Wart-
burg-Tourist einen Heizkanal zu den Fondsitzen
erwarten dürfen. |