situation begründet lagen, abgewöhnte - und wir fahren ihn heute - lieber als jeden anderen! Der F 9 ist der große Bruder des zehn- tausendfach bewährten F8. Er hat mit diesem viele Punkte des Fahr- gestells gemeinsam: den steifen Pro- filrohrrahmen, die Schwebeachse hin- ten, d. h. die an hochliegender Quer- feder aufgehängte Starrachse, die Einzelradaufihängung an oberer Quer- feder und unteren Querlenkern vorn, die Zahnstangenlenkung, den Front- antrieb. Aber wer meint, daß man nun einfach ein F8-Fahrgestell ge- nommen und da einen stärkeren Motor hineingepackt und eine komfortablere Karosse draufgesetzt habe, der wird schon bei der ersten Fahrt eines Bes- seren belehrt: Straßenlage und son- stige Fahreigenschaften sind denen des F8 turmhoch überlegen! Eine ganze Reihe technischer Details sind dafür maßgebend. Zunächst wurde der Radstand um 300 mm auf 2300 verkürzt. Das war ohne Beein- trächtigung des Innenraumes durch eine andere Anordnung des Motors möglich; auf die wir noch zu sprechen kommen. Biese Radstandsänderung scheint außerordentlich glücklich ge- wählt zu sein, sie ist wahrscheinlich (im Zusammenhang mit einer günsti- geren Achsenbelastung gegenüber dem F8) die Hauptursache für die unver- gleichlich bessere Straßenlage und den Wegfall des beim F8 zu beob- achtenden "Bockelns", also der Nick- schwingungen. Dann hat man aber auch ehe vordere Radaufhängung ganz wesentlich verbessert; alle F8- Fahrer wissen ein Lied davon zu singen, daß die Kombination der |
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Als seinerzeit - es sind nun schon einige Jahre her - der F 9 zum ersten- mal auftauchte, war man sich über einen Punkt allgemein einig: daß seine äußere Form, seine elegante Linie, bestechend sei. Und auch heute, nach- dem nun allenthalben dieser Wagen das Straßenbild der Deutschen Demo- kratischen Republik belebt, gleiten immer wieder wohlgefällige Blicke über ihn hinweg, wo er auch steht oder vorbeihuscht. Nur - ja, die Zweifel waren zahlreich, die man diesem ersten, der volkseigenen Fertigung ent- stammenden PKW entgegenbrachte - hält er die Reisedurchschnitte, die ihm nachgesagt werden, auch durch - ist der Kraftstoffverbrauch tragbar, ist er nicht mit seinem Zweitaktmotor ein ausgesprochener "Säufer" - hält die Kurbelwelle - hat man nicht fortgesetzt Schwierigkeiten mit dem ganz vorn liegenden Verteiler?. Was hörte man da nicht alles für Fragen - und wie oft begegnet man auch heute noch Zweiflern, die das nicht glauben wollen, was nun schon mehr und mehr zufriedene Fahrer des Wagens, was Fahrer anderer, weit stärkerer Wagen berichten, an denen der F9 auf langen Autobahnstrecken oder in windender Fahrt auf regennasser Kurven- strecke vorbeizog. Nun, wir fahren F9-Wagen seit ihren Kindertagen. Wir fuhren sie schon damals, als die Keilriemen noch so schlecht waren, daß man Strecken über 300 km nur mit einem Reserveriemen riskieren konnte, als ein starker Regenguß ab der ungenügenden Isolierfähigkeit der Hochspannungskabel das ganze Wunderding stillegte - wir fuhren sie zu der Zeit, die heute weit hinter uns liegt. Und wir haben erlebt, wie man in zäher Kleinarbeit dem Wagen die vielen kleinen Mucken, die in der damaligen Material- |
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L i n k s: Der Motor ist vor, das Getriebe der kompl. Triebwerksblock ist im Vorderteil für die Fahrgäste frei. R e c h t s: Geräum Einer der Vorzüge des F 9. |
unteren Querlenkarme mit den Vor- derstoßdämpfern keine günstige Lö- sung darstellte und zu häufigen Repa- raturen Anlaß gab. Der F9 hat un- abhängig vom Dämpfer angeordnete Lenkerarme, die ein Dreieck mit dem Rahmen bilden, welches eine sehr breite Basis aufweist - an sich schon eine beachtliche Verbesserung. Ur- sprünglich gab es mit der Lagerung dieser Lenkerdreiecke noch Schwierig- keiten - die sind heute auch behoben, seitdem man Silentblocks dafür ver- wendet. Und vor allem hat man die viel zu kleinen Teleskopstoßdämpfer der ersten F9-Serien inzwischen gegen Kolbendämpfer ausgetauscht, die um ein Vielfaches besser sind - die neuesten Wagen haben bereits eine weitere Verbesserung, nämlich große, im richtigen Winkel angeordnete Tele- skopdämpfer vorn und ausreichende Kolbendämpfer für die Hinterachse - damit scheint das Optimum der Fahr- eigenschaften, das sich überhaupt mit Querfedern erreichen läßt, geschaffen zu sein. Die Lenkung ist die gleiche wie beim F8 - Zahnstange, auf geteilte Spur- stange wirkend, also selbstverständ- lich Einzelradlenkung, eine zwischen Lenkgetriebe und Lenksäule gelegte Hardyscheibe dämpft harte Schläge und hält sie vom Lenkrad fern. Entsprechend den höheren Geschwin- digkeiten, die mit dem F9 zu fahren sind, ist auch das Bremssystem als hydraulische Bremse an Stelle der Seilzugbremsen beim F8 ausgebildet worden, größere Belagflächen ergeben im Zusammenhang damit die not- wendigen Verzögerungswerte. Die Handbremse - Betätigung wie beim F8 so angeordnet, daß der Fahrer- raum fußfrei bleibt - wirkt über Seilzüge auf die Hinterräder. Auch die IFA-Bremse hat einige Wand- |
Blick in den Motorraum des F 9 lungen in ihren Details durchmachen müssen, bis sie ihre heutige hohe Standfestigkeit und Lebensdauer erreichte. Schwierigkeiten, die sich im Anfang - wiederum materialmäßig bedingt - zeigten, sind restlos be- seitigt. Und in dieses Fahrwerk ist nun ein Triebwerk eingesetzt, welches sich grundsätzlich und in allen Details von dem des F8 unterscheidet: zwar auch ein wassergekühlte Zweitaktmotor mit Umkehrspülung, aber nicht mehr der quergestellte, ehedem aus dem Motorradtriebwerk entwickelte Zweizylindermotor, nicht mehr Kraftübertragung auf das zahnradgeschal- tete Dreiganggetriebe über Doppelrollenkette und Ölbadkupplung (alles Bauelemente, die im Grunde bewährte Motorrad-Konstruktions- praxis verkörpern), sondern ein Triebwerk, das durchweg den Konstruktions- prinzipien des Automobilbaum entspricht. Vor den Vorderrädern, längs in Fahrtrichtung gestellt, ein Dreizylinder- Zweitaktmotor mit Kurbelgehäuse-Vorverdichtung und Umkehrspülung, wälzgelagerte, zusammengesetzte Kurbelwelle mit je um 120º versetzten Kurbelkröpfungen, Leichtmetallkolben mit drei Ringen, Leichtmetall- Zylinderkopf, Mischungsschmierung, Thermosiphon-Wasserkühlung, durch Ventilator unterstützt, Kühler hinter dem Motor liegend; Zündung als Batteriezündung mit Verteiler, der, vor dem Motor liegend, mit Schrauben- rädern angetrieben ist, Lichtmaschine im Dreieck mit der Lüfterwelle durch Keilriemen angetrieben, Anlasser in herkömmlicher Weise auf den Zahn- kranz der Schwungscheibe wirkend, also nicht mehr die bekannte Dynastart- |
unter der Vorderradmitte angeordnet. M i t t e: konzentriert und läßt den bestgefederten Raum iger Fahrgastraum - geräumiger Kofferraum. Fotos: Meiche (5) |
Einige technische Daten des IFA F9
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brauchszahlen in Kauf nehmen muß. Die genannte Spitzengeschwindigkeit gibt kein rechtes Bild von der Lei- stungsfähigkeit des elastischen Motors - stundenlang gehaltener Autobahn- schnitt von knapp 100 km/h und Straßendurchschnitte von etwa 80 km/h (die sich ohne weiteres erreichen lassen, wenn man fahren kann und - eine Sondergenehmigung besitzt!) sagen schon eher, was sich aus dem Motor in Verbindung mit dem gut abgestuften Vierganggetriebe heraus- holen läßt. Dabei ist nun die Form der rein äußerlich so elegant wirkenden Ka- rosserie nicht ohne Einfluß. Sorgfäl- tige Windkanaluntersuchungen haben seinerzeit die Voraussetzungen für diese Form schaffen hellen, und zeigt sich wieder einmal mehr, daß das, was technisch richtig und zweckmäßig ist, für unser Auge zwangsläufig auch |
Anordnung der früheren Frontantriebwagen bis zum F8. Hinter dem Motor, dessen Horizontalvergaser den Kraftstoff unter Gefälle aus dem 34-Liter-Tank an der Spritzwand erhält, sitzt die Einscheiben-Trockenkupp- lung, über die die Motorleistung auf das Viergang- getriebe übertragen wird, das am Kupplungsgehäuse des Motors angeflanscht ist. Auf Gummipuffern ist der ganze Antriebsblock im Rahmen an drei Punkten ge- lagert. Das Getriebe ist so aufgebaut, daß die von der Kupp- lung kommende Hauptwelle über einen sperrbaren Frei- lauf mit vier Zahnradpaaren auf die Nebenwelle treibt. Dabei sind die Radpaare für dritten und vierten Gang mit Schrägverzahnung ausgerüstet und werden durch Klauen geschaltet, die geradverzahnten übrigen Rad- paare - einschließlich des Rückwärtsganges - werden direkt geschaltet. Die Anordnung des Freilaufes im Kraftfluß bewirkt, daß dieser als Schaltfreilauf arbeitet, das heißt, daß Zurückschalten ohne Auskuppeln mög- lich ist - eine Fahrerleichterung, die nur der recht zu schätzen weiß, der sie kennengelernt hat (beim F8 ist der Freilauf nicht Schaltfreilauf!). Die Nebenwelle treibt dann über Ritzel und Tellerrad, welches auf dem Diffe- rentialkorb sitzt, die beiden seitlichen Gelenkwellen an, in die innen Gummigelenke und außen - in den soge- nannten Schwenklagern sitzend - metallische Weit- winkelgelenke gelegt sind, über die die Kraftübertragung in allen Stellungen der gelenkten Vorderräder auf diese erfolgt. Die Auspuffgase verlassen die Zylinder durch einen Auspuffkrümmer und gelangen über einen kleinen Vor- schalldämpfer und den Hauptschalldämpfer geräusch- gedämpft ins Freie - es steht außer Zweifel, daß in diesem Punkt noch einiges geschehen muß, denn weder das unruhige Zweitakter-Leerlaufgeräusch noch der allzu "sportliche" Ton des mit höherer Drehzahl laufen- den Dreizylinder-Motors können bisher ganz befriedigen und entsprechen nicht dem übrigen modernen tech- nischen Stand des Fahrzeuges. Dieses Triebwerk mit seinen etwa 30 PS Spitzenleistung gibt dem Fahrzeug eine Maximalgeschwindigkeit von etwa 110 km/h bei einem Normverbrauch von etwa 8,5 Liter/100 km. Es ist klar, daß dieser Verbrauchswert höher liegt, wenn der Wagen forciert gefahren wird; er steigt dann bis auf über 10 Liter/100 km - aber dann werden eben auch Reisedurchschnitte gefahren, für die man sonst erheblich höhere Motorleistungen ansetzen und dementsprechend auch wesentlich höhere Ver- |
immer schön wirkt. Sicherlich, eine moderne Ponton- form würde fertigungsrnäßig einfacher sein (und sich auch eher in Kunststoff ausführen lassen, was die jetzige Form nur mit ganz erheblichen technologischen Schwie- rigkeiten zuläßt), sie würde auch eine größere Sitzbreite ergeben, aber sie würde keine aerodynamisch so günstige Form ergeben und würde den Einsatz höherer Motor- leistung erfordern, wenn dieselben Fahrwerte erreicht werden sollen. Dabei ist die Anordnung der Sitze, des Lenkrades, des Fußhebelwerkes und des ganzen fahrerischen Zubehörs so getroffen, daß das schnelle und wendige Fahrzeug eine ausgesprochene Handlichkeit aufweist. Selten ist wohl ein Fahrer mit einem neuen Automobil so rasch vertraut wie mit dem F9 - wobei die Mühelosigkeit der Schaltung ein wichtiger Grund ist. Qualität der Karosseriefertigung und der Ausstattung sind in letzter Zeit ganz erheblich verbessert worden. Insbesondere gilbt es keine Klagen mehr über Undichten und Wassereintritt, seitdem man sich gerade der Karos- serie in der neuen Fertigungsstätte des F 9, dem EMW- Werk in Eisenach, mit besonderer Liebe und Sachkennt- nis angenommen hat. Die geschmackvollen Farbzusam- menstellungen, in denen die Wagen heute das Eisenacher Werk verlassen, dokumentieren schon rein äußerlich den Qualitätsstand, auf den man dort das Fahrzeug gebracht hat und an dessen weiterer Steigerung man unermüd- lich arbeitet. Startfreudigkeit, hohe Beschleunigung, ausgezeichnete Bergsteigefähigkeit, Elastizität des Motors, hohe Spitzen- geschwindigkeit und Standfestigkeit bei stundenlangen Hetzfahrten, Wirtschaftlichkeit und Anspruchslosigkeit des Zweitaktmotors, Einfachheit der Bedienung - all das sind nicht Prospektschlagworte, sondern zusammen- fassende Stichworte, die das Urteil aller F9-Fahrer dar- stellen. Es ist aufrichtig zu wünschen, daß die geplante Steigerung der Fertigungszahlen des F9 rasch realisiert wird, damit außer der Deckung des Exportbedarfes (der auch nach Ländern, die unter westlichem Wirtschafts- einfluß stehen, ganz erheblich ist!) auch die Wirtschaft der DDR mehr und mehr mit einem Fahrzeug beliefert werden kann, welches von ihr so dringend benötigt wird und das ihren Anforderungen entspricht wie kaum ein zweites. FUMUS |