Wartburg Mercedes 170V


Wenn jemand Informationen über den Verbleib oder die Entstehung eines der abgebildeten Fahrzeuge hat, oder weiteres Bildmaterial besitzt bitte eine e-mail an mich.
 
KURIOSITÄT
Promenadenmischung

Ein Ost-West-Produkt:
Wartburg-Mercedes 170 V


Mitte der fünfziger Jahre, als eine
immer stärker werdende Motorisie-
rungswelle über die Bundesstraßen
schwappte, hatte hinter dem "Eiser-
nen Vorhang" der Zweitakter dem
Viertakter den Rang abgelaufen:
Fortan gehörten die Fließbänder in
der DDR den Vorkriegskonstruktio-
nen von DKW. Vorbei war es mit
den viertaktenden BMW-Nachfahren
in Eisenach, und den Namen
"Horch" fand man nur noch kurze
Zeit an einem handgefertigten Sechs-
zylinder-Wagen aus Zwickau. Doch
das Angebot an den neukreierten
Trabants und Wartburgs blieb in der
DDR bei weitem hinter der Nachfra-
ge zurück. Dies hat sich - nebenbei
gesagt - bis zum heutigen Tage
nicht geändert.
 
Rührige Handwerksfirmen sahen in dieser
Mangelsituation ihre Chance und wurden
zu Kleinherstellern ungewöhnlicher Autos.
Eines dieser privaten Unternehmen war die
Karosseriewerkstatt Schwarze in Görlitz an
der Neiße. Als sich in der DDR Anfang der
sechziger Jahre die meisten Handwerker in
Genossenschaften zusammenschlossen, en-
dete die Automontage bei Schwarze. Bis
dahin wurden dort - neben den normalen
Reparaturaufträgen - mindestens drei
Dutzend Vorkriegs-Pkw in modernere Ge-
wänder gesteckt.
Formal außerordentlich gelungen waren die
Mercedes-Umbauten, die dem staatlichen
Taxi-Betrieb in Görlitz auf die Sprünge hal-
fen. Auf Basis von Mercedes 170 V entstan-
den rund 20 "Zwitterfahrzeuge" mit der
Limousinenkarosserie des ab 1956 gebau-
ten Wartburg 311 aus Eisenach. Die Vor-
kriegs-Daimler hatten den Krieg überdauert
und waren noch lange als Dienstfahrzeuge
in östlichen Behördendiensten. Bis Anfang
der sechziger Jahre stellte beispielsweise das
Kfz-Zubehörwerk Meißen Verschleißteile
für den 170 V her. Unfallfahrzeuge wurden
kaum verschrottet - vielmehr waren sie,
wenn irgend möglich, Basis für Neuaufbau-
ten. Gute Beziehungen ("Vitamin B")
mußten die Handwerker in jedem Falle ha-
ben. Schwarze hatte den Vorteil, daß sich
in unmittelbarer Nachbarschaft eine Merce-
des-Vertragswerkstatt (heute Skoda-Werk-
statt) befand: Kollegiale Hilfe war da
selbstverständlich.

Von vorne

Ziemlich hochbeinig: Wartburg-Karos-
serie mit Mercedes-Kühlerattrappe auf
170 V-Chassis, eine Raritätaus dem Süd-
osten der DDR.

Bis in die sechziger Jahre hinein taten die
meisten Umbau-Mercedes schwarz lackiert
und mit dem charakteristischen Rundum-
Streifen ihren Taxi-Dienst auf Görlitzer
Straßen. Die Fahrer wußten den leichter zu-
gänglichen und vor allem größeren Koffer-
raum zu schätzen. Ersetzt wurden diese Au-
tos später durch "echte" Wartburgs und
Importe aus der Sowjetunion. Die Ost-
West-Daimler gingen an private Interessen-
ten.
Eines der letzten existierenden Autos made
in Görlitz läuft noch heute Tausende von
Kilometern im Jahr. Nach seinem Aufbau
1956 war es 14 Jahre lang als Taxi im Ein-
satz, bevor es von einem Oldie-Fan über-
nommen und restauriert wurde. Das Beson-
dere dieses Autos: Es handelt sich um eine
sogenannte Wehrmachts-Ausführung mit
verstärkter Hinterachse. Vorn rollt der Wa-
gen auf 5.50x 16-Originalreifen, hinten
sind 6.00x16-Pneus aufgezogen, wie sie
der größere Dreiliter-Mercedes besaß.
Unverändert geblieben war die Leistung des
seitengesteuerten 1700er Orginalmotors mit
38 PS. Sie entsprach damit der des 900-
ccm-Wartburg-Zweitaktmotors. Aus Eise-
nach stammte die zwischen Vorderachse
und vorderer Spritzwand um über 30 Zenti-
meter verlängerte Viertürer-Karossen, in
die die Mercedes-Kühlerattrappe eingelas-
sen wurde. Der Kühler selbst mußte für den
Umbau gekürzt werden, da er sonst nicht
unter die Wartburg-Haube gepaßt hätte.

Von der Seite

Verlängert: Entsprechend dem größeren
Radstand des 110 V gestreckt wurde die
Wartburg-Karosserie vom Görlitzer Hand-
werksmeister Schwarze.

Ebenfalls aus Eisenach kamen die Innen-
ausstattung und Teile der Bremsanlage.
Anders als der lenkradgeschaltete Front-
antriebs-Wartburg wurden die vier Gänge
des 170 V über einen Mittelschalthebel auf
dem Kardantunnel eingelegt. Der 46-Liter-
Tank war vor der vorderen Spritzwand an-
geordnet - Schwarze schweißte kurzer-
hand die hintere Wartburg-Originaltank-
klappe zu. Der maximal 110 km/h schnelle
Umbau verbrauchte bis zu 11 Litern auf
100 km.
Übrigens hat Schwarze Ende der fünfziger
Jahre noch einen besonderen Leckerbissen
kreiert: einen 170 V mit Cabrio-Aufbau,
ebenfalls von Wartburg. Leider ist auch
dieser Wagen den Weg allen Schrotts ge-
gangen. Noch "überlebt" haben sollen ei-
nige Militärausführungen des KdF-Wa-
gens, auf die die Karosserie des Wartburg-
Vorgängers F9 gesetzt worden ist.

Eberhard Kittler

Wartburg-Mercedes 170 V
Motor
Hubraum
Bohrung x Hub
PS bei U/min
Getriebe
Karosserie
Vorderachse
 
Hinterachse
Länge x Breite x Höhe
Höchstgeschwindigkeit
Bauzeit
Vierzylinder-Viertakt-Reihen-Motor
1697 ccm
73,5 x l00 mm
38 bei 3200
Viergang
Ganzmetall-Aufbau auf x-förmigem Ovalrohr-Rahmen
Einzelrad-Aufhängung mit Dreiecks-Querlenkern und zwei
übereinanderliegenden Querfedern
Pendelachse mit Schraubenfedern
4600 x 1570 x 1450 mm
110 km/h
1956 bis 1961

Bericht aus Oldtimer Markt 1/1989

MARKT 1/89


Es stellen sich folgende Fragen:

Wieviele von diesem Typ wurden gebaut ??

Existieren noch Unterlagen, Fotos oder eventuell gar Fragmente des/der Fahrzeuge.
Kann jemand allgemein etwas über die/s Fahrzeug/e berichten (Vorbesitzer, Hersteller etc.)
Wer Antwort geben kann bitte e-mail an mich.
 
Und hier nun die Infos die per E-Mail kamen:
Wartburg-Mercedes-Cabrio
 
Mercedes oder Wartburg ?

Offensichtlich handelt es sich um ein
Cassis mit Motor von Mercedes und um
eine "passend" gemaschte Wartburg-Kabrio-
lett-Karosserie mit geänderter "Schnauze"
und Motorhaube.

Peter-Zuhl, Altfähr (Rügen)


Zu den Wartburg-Mercedes erreichte mich ein Hinweis
auf das Wartburg-Mercedes-Cabriolet, abgebildet im
Deutschen Straßenverkehr 3/1960
 
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