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Wartburg 353

353 von der Seite


Deutscher Motorkalender 1967

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ls am 5. Dezember 1896 die Eisen-
acher Fahrzeugfabrik gegründet wurde,
ahnte noch niemand in der Stadt un-
terhalb der stolzen Burg, daß viele
Jahrzehnte später die Bezeichnung
"Wartburg-Wagen" in Verbindung mit
Eisenach und Fahrzeugbau weit über
die Grenzen unseres Landes hinaus zu
einem Begriff werden würde. In den
ersten Jahren rollten Fahrräder und
Kutschwagen aus den bescheidenen
Werkstätten, bis dann 1899 die ersten
Motorfahrzeuge mit der Bezeichnung
"Wartburg-Wagen" gebaut wurden.
Der Werdegang und die Entwicklung
vom ersten, noch recht hochbeinigen
Wartburg mit Einzylinder-Viertaktmotor
bis zum neuesten Wartburg 353 ist
gleichzeitig ein Stück Geschichte des
Automobils. Das Eisenacher Werk kann
sowohl in der Automobilentwicklung als
auch in der Produktion von Großserien-
erzeugnissen auf eine große Tradition
zurückblicken. Hier wuchsen Genera-
tionen hochqualifizierter Facharbeiter
und Ingenieure heran, die bestrebt

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Der allererste Wartburg

Der allererste Wartburg
 
 
waren, Fahrzeuge zu fertigen, bei de-
nen sich höchste Präzision und Sorg-
falt in Konstruktion und Herstellung,
erstklassige Qualität der verwendeten
Ausgangs- und Rohmaterialien sowie
Zuverlässigkeit und Sicherheit in der
Funktion die Waage hielten.
Dem ersten Wartburg um die Jahr-
hundertwende folgten andere Fahr-
zeuge, so schon 1902 ein Rennwagen,
der eine Spitzengeschwindigkeit von
120 km/h erreichte. Bald danach er
schienen die Eisenacher Erzeugnisse
unter dem Namen "Dixi", der sowohl
 
 
 
 
für das umfangreiche Pkw-Programm als
auch für die verschiedensten Last-
kraftwagentypen nahezu 25 Jahre bei-
behalten wurde. 1921 übernahm dann
die Gothaer Waggonfabrik das Werk,
und in den folgenden Jahren konnten
besonders die Eisenacher Dixis als ro-
buste und zuverlässige Fahrzeuge
auch bei Sportveranstaltungen große
Erfolge erringen. Wenig später kam es
zu einem erneuten Besitzerwechsel. Die
Bayrischen Motoren-Werke in Mün-
chen schluckten das Eisenacher Werk
und bauten das BMW-Fahrzeugpro-
 
 

BMW-Dixi A 4, mit dem Ende
der zwanziger Jahre Touren-
wagenwettbewerbe ausge-
tragen wurden

BMW-Dixi A4

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Das zerstörte Werk 1945
So sah es 1945 aus. Nach drei schweren amerikanischen Bombenangriffen war ein großer
Teil aller Produktionsanlagen zerstört
 
gramm mehr und mehr aus, bis der
zweite Weltkrieg die Pkw-Produktion
jäh stoppte. Damit begann eine
dunkle Periode des Eisenacher Werkes,
an die sich heute kein Automobilbauer
mehr gern erinnert.
Das Werk diente der Rüstungsproduk-
tion. Die Arbeit der Werktätigen
wurde dazu mißbraucht, den faschisti-
schen Raubkrieg zu unterstützen. 1944
zerstörten drei amerikanische Luftan-
griffe über die Hälfte aller Fertigungs-
stätten.

Schwerer Neubeginn

Die Arbeiter und die fortschrittliche In-
telligenz waren es, die in den wenigen
Hallen, die noch standen, und mit dem
vorhandenen Material zu produ-
 
zieren begannen, keine Autos, sondern
zunächst Haushaltsgegenstände und
Handwagen. Bald jedoch suchten sie
aus den Trümmern die Teile für den
Pkw-Typ 321 zusammen und montier-
ten die ersten Wagen. Im September
1946 übernahm dann die sowjetische
Aktiengesellschaft "Awtowelo" das Werk,
und sowjetische Ingenieure be-
gannen gemeinsam mit deutschen Ar-
beitern und Ingenieuren systematisch
die Produktion wieder in Gang zu brin-
gen. Bald konnten die ersten Fahr-
zeuge ausgeliefert werden.
Schrittweise stiegen dann auch die
Stückzahlen. Neben den Personen-
kraftwagen vom Typ 321 bauten wir
wieder das 350-cm³-Motorrad R 35. Die
Arbeitsbedingungen waren damals noch
noch alles andere als rosig. Da galt es,

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nicht nur Trümmer zu beseitigen, son-
dern auch wirtschaftliche Disproportio-
nen zu überwinden, denn es gab auf
dem Gebiet der damaligen sowjeti-
schen Besatzungszone kaum eine
Zulieferindustrie für den Fahrzeugbau.
Es fehlte ganz einfach an allem. So
hatte das Eisenacher Werk beispiels-
weise vor dem Krieg die kompletten
Getriebe von der Zahnradfabrik Fried-
richshafen einbaufertig bezogen.
Friedrichshafen jedoch gehörte zur
amerikanischen Besatzungszone. Nach
dem Krieg gab es bei uns bezüglich
 
als Weiterentwicklung des Vorkriegs-
baumusters 326 das Werk. Dieses
Fahrzeug wurde dann auch von den
Karosseriewerken als Kombi-, Liefer-
und Sanitätswagen auf dem Grund-
aufbau von Eisenach angeboten. Sehr
begehrt war auch wieder das bereits
vor dem Krieg viel gefragte 327er Sport-
Coupe bzw. Sport-Kabriolett, für
das ebenfalls Eisenach das komplette
Fahrwerk lieferte.
In diese Periode fiel die Übergabe des
Betriebes aus sowjetischer Verwaltung
in die Hände des Volkes. Am 5. Juni
Die gute alte R 35,
eine robuste
und zuverlässige
Maschine,
lief bei Übernahme
der Produktion
des F 9 aus
 
Entwicklung und Bau von Pkw-Getrie-
ben weder Erfahrungen noch Einrich-
tungen. Bestimmte Spezialteile wie
Vergaser, Kraftstoffpumpen, Zündker-
zen oder Reifen mußten stückweise zu-
sammengetragen werden, nur um die
Fahrzeuge komplettieren zu können.
Aber auch unter diesen Umständen
ging es im Werk stetig aufwärts, die
Produktion konnte ständig gesteigert
werden, und die Entwicklung ging
voran.
Bereits im Oktober 1949 verließ das
neue Baumuster 340 mit 55-PS-Sechs-
zylindermotor und Drehstabfederung
 
1952 wurde das Automobilwerk Eisen-
ach ein volkseigener Betrieb, und es
wurde der damaligen IFA-Vereinigung
angegliedert. Mit dieser Übergabe in
die Hände des Volkes, für die die
sowjetischen Freunde in den Jahren
vorher den Boden bereitet hatten, be-
gann eine neue Periode in der Ge-
schichte des Werkes. Es diente fortan
dem Aufbau der sozialistischen Frie-
denswirtschaft und entwickelte sich
unter der Leitung der Arbeiterklasse
unentwegt weiter.
Bald kam der IFA-F 9 von den dama-
ligen Audi-Werken Zwickau nach Eisen-

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BMW 321,
das erste Fahrzeug,
das nach dem
zweiten Weltkrieg
in Eisenach
wieder gebaut wurde
 
BMW 321

Baumuster 340,
eine Weiterentwicklung
des Vorkriegs-
baumusters 326.
Es wurde auch
als Kombi-,
Liefer-
und Sanitätswagen
angeboten
 
BMW 340

Das 327er
Sport-Kabriolett
fand nach dem
zweiten Weltkrieg
wieder
viele Liebhaber
 
BMW 327 Sport Kabriolett

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ach, und unterhalb der Wartburg be-
gannen die Motoren im Zweitakt-
rhythmus zu schlagen. Von diesem
Zeitpunkt an konzentrierte sich das
Werk nur noch auf die Automobilpro-
duktion. Die alte R 35 lief aus, und
durch die frei werdenden Fertigungs-
kapazitäten stieg in den folgenden
Jahren die Zahl der produzierten
Wagen.
An dem nunmehr in Großserie gefer-
tigten F 9 konnten innerhalb kurzer
Zeit eine ganze Reihe von Verbesse-
rungen durchgesetzt werden, so daß
sich auch dieses Fahrzeug im Inland
bewährte und im Ausland neue
Freunde fand.

Ein neuer Wartburg

Um den steigenden Ansprüchen ge-
recht zu werden, entschlossen sich die
Eisenacher Automobilbauer recht bald,
einen neuen Wagentyp entsprechend
den internationalen Entwicklungstenden-
zen, basierend auf der bewährten
Grundkonstruktion des F 9, in das Fer-
tigungsprogramm aufzunehmen: eine
geräumige viertürige Limousine mit
Ponton-Karosse, bei der die Leistung
des 900-cm³-Zweitaktmotors um 5 PS
auf 37 PS gesteigert wurde. Dieses
Vorhaben konnten die Arbeiter, Tech-
nologen und Konstrukteure in vorbild-
licher Zusammenarbeit in einem ver-
hältnismäßig kurzen Entwicklungszeit-
raum in die Tat umsetzen, so daß be-
reits im Oktober 1955 die Serienpro-
duktion des Wartburgs voll anlief. An
diesem Fahrzeug wurde nahezu zehn
Jahre lang die Grundkonzeption bei-
behalten, die einzelnen Aggregate
und Bauteile jedoch laufend verbes-
sert: das Getriebe synchronisiert und
die Bremsen verbessert. Es erfolgte
der Übergang zum 1000-cm³-Motor,
verbunden mit der Leistungssteige-
rung auf 45 PS. Auch die neue, hoch-
wirksame Frischluftheizung war eine
Station dieses Entwicklungsweges. Dar-
über hinaus wurde die ebenso
wichtige wie unscheinbare Detailarbeit
nicht vernachlässigt, die vielen Kleinig-
keiten, die von den meisten Kunden

Von Zwickau kam der F 9 nach Eisenach, der bald in Großserie gefertigt wurde

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Wartburgs auf dem Weg zum Kunden
Wartburg-Wagen auf ihrer ersten Reise
geschätzt werden, zum Beispiel die ge-
polsterten Sonnenblenden, die neuen
Scheibenwischer, die Scheibenwasch-
anlage oder die eingebauten Sicher-
heitsgurte.
In der Produktion selbst forderten die
ständig wachsenden Ausstoßstückzah-
len zwangsläufig den Einsatz modern-
ster technologischer Ausrüstungen und
die Anwendung der fortschrittlichsten
technologischen Verfahren. In den er-
sten Jahren der Fertigungsperiode des
Wartburgs erfolgte dann auch der weit-
gehende Übergang zur Mechanisie-
rung und Fließfertigung. So wurden in
den Fertigungsbereichen des Getriebe-
und Motorenbaus neben vielen im
Werk selbst entwickelten und gebau-
ten Spezialmaschinen auch Transfer-
straßen für den Zylinderblock und das
Kurbelgehäuseunterteil sowie für La-
gerzapfen und Hubscheiben eingesetzt,
die eine Reduzierung der manuell be-
einflußbaren Arbeitsgänge und damit
eine wesentliche Steigerung der Qua-
lität nach sich zogen.
Mittels moderner Förderanlagen und
-einrichtungen konnten der gesamte
innerbetriebliche Transport verbessert
und damit die Arbeitsbedingungen
der Werktätigen wesentlich erleichtert
werden. Der verstärkte Einsatz von
automatischen Vielpunkt-Schweißvor-
richtungen im Produktionsbereich Ka-
rosseriebau ermöglichte neben einer
weitgehenden Senkung des Ferti-
gungszeitaufwands und Steigerung
der Arbeitsproduktivität vor allem die
Qualitätsverbesserung. Die Inbetrieb-
nahme eines Kupfer- und Nickel-
Chrom-Vollautomaten in der neuer-
bauten galvanischen Abteilung besei-
 

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2. Teil des Artikels —>


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