tigte die schwere manuelle Arbeit und führte zu einer gleichmäßigeren Auf- bringung der einzelnen Schichten bei den oberflächenbehandelten Teilen. Wesentliche Verbesserungen brachte auch die völlige Reorganisierung des gesamten Arbeitsablaufs in der "Halle der sozialistischen Jugend": Ein- satz einer vollautomatischen Wasch- und Phosphatieranlage zur Verbesse- rung der Vorbehandlung der Rohbau- karossen; Aufbau einer kompletten Lacktaktstraße zur Verarbeitung von Kunstharz-Einbrennlacken bei Ofen- temperaturen von 130 °C, die einen dauerhaften und einwandfreien Lack- aufbau gewährleistet; Neuauftaktung der gesamten Montage und gleichzei- tige Inbetriebnahme eines Fahrwerk- und Endmontagebands; Bau und Übergabe eines Karossen-Speicher- bands an der Hallendecke zur Siche- rung der Kontinuität des Produktions- flusses zwischen Lackiererei und End- montage. So entwickelte sich unser Werk zum sozialistischen Großbetrieb. Weltrekord für Eisenach Die Eisenacher waren stets bestrebt, die hohe technische Reife ihrer Erzeug- nisse und deren konstruktive Voll- kommenheit in hartem sportlichem Wettbewerb zu beweisen. Neben klei- neren Sporteinsätzen nach dem zwei- ten Weltkrieg beteiligte sich das Werk ab 1952, nachdem eine spezielle Sport- abteilung, das AWE-Rennkollektiv, ge- bildet worden war, wieder aktiv am Automobilrennsport. Mit den 1,5-Liter- und 2-Liter-Boliden war das Auto- mobilwerk Eisenach bei vielen großen internationalen Veranstaltungen sehr oft erfolgreich. Besonders in dar Mitte der fünfziger Jahre zählte der 1500-cm³-AWE-Rennsportwagen mit zu den schnellsten und holte sich den Weltrekord über 10 Meilen. |
In diesen Jahren kam es zur fortschrei- tenden Entfremdung der Renntechnik von der Serienwagenentwicklung. Fol- gerichtig gab das AWE-Rennkollektiv die Betätigung im Rennsport schließ- lich ganz auf und beteiligte sich nur noch an den großen Rallyeveranstal- tungen. Hier wird der Serienwagen im unerbittlichen Leistungssport Belastun- gen und Prüfungen ausgesetzt, die im normalen Straßenverkehr nie auftre- ten. Fahrzeuge, die sich hier bewäh- ren und durchsetzen, sind auch für den Kunden im normalen Straßenverkehr sicher und zuverlässig. Inzwischen leg- ten die vier Wartburg der Eisenacher Sportabteilung in vielen Einsätzen in ganz Europa viele tausend schwere Rallyekilometer zurück und konnten so- wohl die Qualität des in Großserie pro- duzierten Fahrzeugs als auch das Kön- nen der Fahrer wiederholt dokumen- tieren. Dabei brachten sie nicht nur viele Ehrenpreise und wertvolle Me- daillen mit, sondern auch eine ganze Menge von Erfahrungen, die nur bei solch extremen Zerreißprüfungen und unterschiedlichen klimatischen Bedin- gungen gesammelt werden können. Alle diese Erkenntnisse wirkten sich dann in irgendeiner Form in der Ver- besserung der Qualität der täglich pro- duzierten Fahrzeuge aus. Während der relativ langen zehnjähri- gen Produktions- und damit Weiter- entwicklungsperiode des Wartburg 311 haben wir die Verbesserung und Ver- feinerung der einzelnen Teile und Ag- gregate in erster Linie unter dem Ge- sichtspunkt der Erhaltung dar Aus- tauschbarkeit vorgenommen. Dadurch jedoch waren der fortschrittlichen Auto- mobilentwicklung entsprechend dem modernsten internationalen Stand Grenzen gesetzt. Das Automobilwerk Eisenach sprengte deshalb bei der Kon- zeption des neuen Wartburg 1000 ganz bewußt diesen engen und nicht mehr |
Wartburg-Sport |
|||
ausbaufähigen Rahmen und führte ab September 1965 in der ersten Stufe der Weiterentwicklung das Fahrzeug mit der Typenbezeichnung 312/1 - als Zwischenlösung - mit völlig neuem Fahrwerk ein. Der generellen Verbesserung der Fahr- eigenschaften und damit der Erhöhung des Fahrkomforts sowie der weitgehen- den Wartungsfreiheit wurde gegen- über einer umfassenden Form- und damit Karosserieänderung der Vorzug gegeben. Hier mußte natürlich zugun- sten der Verwirklichung moderner Konstruktionstendenzen auf die Aus- tauschbarkeit des Fahrwerks einschließ- lich seiner Einzelaggregate und vieler Teile verzichtet werden. Ein wartungsarmer Wagen - Typ 312/1 Die gesamte Karosserie einschließlich der elektrischen Anlage wurde über- nommen; als äußerliches Kennzeichen wurde neben den kleineren 13-Zoll- Rädern ein neues kunststoffummantel- tes Sicherheitslenkrad mit schaumstoff- gepolsterter Nabe eingebaut, das vor allem in Verbindung mit der verkürz- ten Lenksäule zur Erhöhung der inne- |
ren Sicherheit beitrug. Das Wesent- lichste bei diesem "312/1" war also das völlig neue Fahrwerk mit Schrauben- federung und Einzelradaufhängung. Die Rahmenbauweise wurde im Inter- esse der verschiedensten Varianten der Aufbauten beibehalten und der wieder aus geschlossenen Kastenprofilen be- stehende Rahmen entsprechend den neuen Konstruktionsmerkmalen ver- ändert. Da der Rahmen weiter ausein- andergezogen ist, konnte die Auspuff- anlage annähernd in Wagenmitte nach hinten geführt und durch die Anord- nung des Hauptschalldämpfers vorn quer unter dem Motor der Wendekreis- durchmesser nach beiden Seiten auf 10,2 m verringert werden. Vor allem im Stadtverkehr erhöhte das die Manö- vrierfähigkeit dieses Fahrzeugs we- sentlich. Die Aufhängung der Vorderräder er- folgte einzeln an oberen und unteren Dreieckslenkern, die durch hochlie- gende Schraubenfedern abgestützt wurden. Querlenker und Schwenklager sind durch Stahlkugelgelenke verbun- den, die mit einer Dauerfettfüllung versehen und durch Gummimanschet- ten staub- und wasserdicht abgeschlos- sen sind. Durch gute staub- und was- |
Den Weltrekord über 10 Meilen holte sich das AWE-Rennkollektiv in der Mitte der fünf- ziger Jahre mit dem 1,5-Liter-Rennsportwagen |
|||
serdichte Kapselung in Form von mit- laufenden Gummimanschetten an den äußeren und inneren Gelenken war es möglich, bei den Antriebswellen den Wartungszyklus auf 100000 km zu er- höhen. Überhaupt ging man in Eisen- ach davon aus, nicht nur die War- tungsintervalle generell auf 50000 km zu erhöhen, sondern setzte auch den Wartungsaufwand herab, indem die Anzahl der Schmierstellen verringert und die jeweiligen Bauelemente ver- bessert wurden. Die auf den Rad- |
mitnehmern sitzenden Bremstrommeln zum Beispiel können nach dem Abneh- men der Laufräder leicht entfernt wer- den, so daß sich Wartungsarbeiten an den Radbremsen mit geringem Zeit- und Montageaufwand durchführen lassen. Ebenfalls völlig neu ist die Kon- struktion der Hinterachse, wobei durch die Einzelradaufhängung und durch die Trennung von Radführung und Radfederung wie beim Bau- muster 311 von einer "Achse" im |
||
Wartburg-Camping-Limousine
|
Mit dieser Presse werden die Großpreßteile der Wartburg- Karosserie hergestellt. Keine Angst um den Wartburg dar- unter, es handelt sich nur um einen Größenvergleich |
|
Mit dem Aufbau moderner Fertigungseinrichtungen konn- ten die Voraussetzungen für ständig steigende Produk- tionsstückzahlen geschaffen werden. Hier ein Teil der Transferstraße für den Zylin- derblock(nächste Seite) > |
eigentlichen Sinne nicht mehr gespro- chen werden kann. Die Führung der einzeln aufgehängten Räder erfolgt durch Schrägpendelarme. Die Fede- rung aller vier Räder übernehmen linear gewickelte Schraubenfedern, die sich am Rahmen bzw. an den Quer- oder Schräglenkern auf geräusch- und schwingungsdämpfende Gummizwi- schenlagen abstützen. Dadurch war es möglich, im Hauptarbeitsbereich eine weiche Federkennung zu verwirklichen. Innerhalb aller vier Schraubenfedern befinden sich die doppelt-wirkenden, |
aufeinander abgestimmten und leicht auswechselbaren Teleskopstoßdämp- fer. Zur Verringerung der durch die weiche Federung bedingten Seitennei- gung bei scharfer Kurvenfahrt wurde ein Querstabilisator eingebaut. Ebenso wie das gesamte Fahrwerk wurde auch die Lenkung entsprechend den neuesten Erkenntnissen als Zahn- stangen-Schubstangenlenkung mit automatischer Nachstellung ausgebil- det. Staub- und wasserdichte Kapse- lung aller beweglichen Teile und eine Dauerfettfüllung machen auch sie für |
50 000 km wartungsfrei. Das neue Fahrwerk wurde gleichzeitig auf schlauchlose Niederquerschnittsreifen der Größe 6.00-13 umgestellt, die sich besonders durch besseres Seitenfüh- rungsverhalten auszeichnen. Das jüngste Kind Typ 353 Aus der Zwischenlösung des Jahres 1965 entstand ein Jahr später als zweite Entwicklungsstufe das jüngste Eisenacher Kind. Zum neuen Fahrwerk gesellte sich die neue Karosserie, die im zweiten Halbjahr 1966 in die Pro- duktion übergeführt werden konnte. Der neue Wartburg 1000, nunmehr Baumuster 353, zeichnet sich durch eine moderne, kompakte und bei gleichen |
bzw. geringeren Außenabmessungen weitaus geräumigere Karosserie mit klarer Linienführung aus. Schon bei ihrer Konzipierung und Ent- wicklung war die Verwirklichung eines größeren Innenraums bei zumindest gleichen oder geringeren Außenab- messungen eine der Hauptforderun- gen. Diese Aufgabe konnte durch den Wegfall der angesetzten hinteren Kot- flügel und die dadurch gegebene ma- ximale Ausnutzung der Gesamtbreite in Verbindung mit gewölbten Türseiten- scheiben gelöst werden. Dadurch war es auch möglich, die entsprechend dem internationalen Stand tiefer ge- legte Gürtellinie weit nach außen zu verlegen, ohne das Dach wesentlich zu verbreitern. |
||
Gegenüber dem alten Baumuster wurde die Aufteilung des Innenraums so ver- ändert, daß die Fondsitzbank aus den Radeinbauten heraus nach vorn gezo- gen wurde. Dadurch wurde die volle Innenraumbreite als Sitzbreite genutzt und ein echter Fünfsitzer geschaffen. Die Spurbreite und der Radstand des Fahrwerks wurden gegenüber dem Typ 312/1 nicht verändert. Größere Scheibenflächen lassen bes- sere Sichtverhältnisse zu. Durch um- fangreiche Windkanalversuche war es möglich, für die neue Karosserie gün- stigere aerodynamische Werte zu errei- chen. Dazu trugen unter anderem die geschlossene Form des Wagenbugs, ohne vorstehende Scheinwerfer und Kanten gestaltet, mit stark gerundeten Eckpartien beim Übergang von der Front- in die Seitenfläche, die stark ge- wölbte Windschutzscheibe und auch die Abrißkante am hinteren Ende des Daches bei. Neben den rein funktionellen Aufga- ben wurden bei der Entwicklung der neuen Karosserie auch weitgehend Gesichtspunkte der wirtschaftlichen |
Fertigung berücksichtigt. Hier seien nur die als einfache Schalen ausgebildeten Großpreßteile, der weitgehende Weg- fall der Anpaßarbeiten durch die Wahl großer Fugen oder der grundsätzliche Verzicht auf jeden Zierat erwähnt. Die Horizontale wird durch eine umlau- fende Knickkante betont, auf die sich Scheinwerfer, Blinker und Heckleuchten orientieren.. Den Eindruck der opti- schen Längung des Karosseriekörpers und damit der gestreckten Linienfüh- rung erhöht noch die aus der Hauben- fuge über die Türen hinweg bis in die Kofferdeckelfuge hineinlaufende Sicke. Ebenso sorgfältig wurde der Innen- raum gestaltet, wobei es uns vor allem auf die innere Sicherheit ankam. Vor- springende Kanten wurden grundsätz- lich vermieden. Die aus Funktions- gründen unbedingt notwendigen Auf- schlagkanten wurden mit Schaumstoff verkleidet. Die gepolsterte Armaturen- tafel erhielt auf der Beifahrerseite einen Haltegriff, der eingearbeitet ist. Die Kante der unter der Armaturentafel befindlichen durchgehenden Ablage (bei der Ausführung "de Luxe" aus |
||
Der Wartburg 312/1 mit dem völlig neuen Fahrwerk unterscheidet sich rein äußerlich vom alten Baumuster nur durch die kleineren Laufräder |
Wartburg-Sport-Coupe |
|||
Kunststoff) ist ebenfalls abgepolstert. Völlig neuentwickelt stellt sich die Frischluftheizungsanlage vor, deren Wirksamkeit die des alten Baumusters bei weitem übertrifft. So wird mit die- ser neuen Wartburg-Heizung beispiels- weise bei einer Außentemperatur von -17 ºC im Wageninnern eine Durch- schnittstemperatur von +20 °C gehal- ten. Am Motor wird beim Baumuster 353 ein vom VEB Berliner Vergaserfabrik neu- entwickelter Fallstromvergaser verwen- det, ebenso eine neue Ansauganlage und ein Trockenluftfilter mit Papierfil- tereinsatz. Die elektrische Anlage hat eine Nennspannung von 12 V. Damit erhöht sich ihre Funktionssicherheit in- folge der damit verbundenen geringe- ren Belastung der Leitungen, Steuer- und Kontaktteile. Gleichzeitig vermin- dert sich dadurch der Einfluß der Span- nungsabfälle auf die Funktion der an- geschlossenen Geräte (Verbesserung des ohnehin guten Kaltstartverhaltens und der Fahrbahnbeleuchtung). Bei der Umgestaltung der Bordspan- nung und in Verbindung mit dem Übergang zu Flachsteckverbindungen mußte ein Großteil der elektrischen Ausrüstung von der Zulieferindustrie |
neuentwickelt werden. Dazu gehören: Batterie 12 V 42 Ah, Ovalscheinwerfer mit manueller Verstellung bei Ver- änderung der Fahrzeugbelastung und damit der Reflektorverstellung, Heck- leuchten, Blinkleuchten sowie Flach- gerätekombination mit elektrischer Meßwertübertragung, Walzentachome- ter, Kilometerzähler und eine Reihe von Kontrolleuchten. Das jüngste Eisenacher Kind ist der bisher modernste Wartburg, der als letztes Glied einer Kette von Entwick- lungen Zeugnis ablegt von der Lei- stungsfähigkeit unseres Fahrzeugbaus und der Automobilentwicklung in Eisen- ach. Er ist das Ergebnis der ständigen Pionierleistungen, des hervorragenden Könnens und der jahrzehntelangen Er- fahrungen der Eisenacher Facharbeiter, Techniker und Ingenieure. Horst Ihling |